Guttenberg

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fax
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Guttenberg

Beitrag von fax »

Georg hat geschrieben:Wie stand es so schön bei Asterix: beati pauperes spiritu.
Da muss dann aber schon auch der zweite Teil des Satzes her: "quia ipsorum est regnum coelorum." :P
Stefan hat geschrieben: Und dann folgt eine regelrechte organisierte Hetzjagd, weil er angeblich bei seiner Doktorarbeit vergessen hat, Zitate zu kennzeichnen?
Das war einer der krassesten Fälle eines Plagiats, das jemals aufgedeckt wurde und als wissenschaftliche Arbeit völlig inakzeptabel, möglicherweise sogar ein strafrechtliches Vergehen.
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fax
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Re: Wahlen in Finnland!!

Beitrag von fax »

Ich habe das vom alten Thema abgetrennt.
Stefan hat geschrieben:Und trotzdem seine Privatsache und hatte nix aber auch gar nix mit seinem Job zu tun. Zumal es auch noch vor seiner Zeit als VM war...
Eine gewisse Integrität erwartet man auch von einem Minister. Wenn ich mir überlege, wegen welcher Lapalie Scharping damals zurücktreten durfte...
Stefan hat geschrieben:Und dieses künstliche Aufgerege der akademischen Welt in DEU ist genauso lächerlich! Als ob man nicht wüßte, daß abschreiben in DEU Standardvorgehen ist...
Genau deshalb regt sich die akademische Welt auf, weil ich und meine Kommilitonen bei ihrer Diplomarbeit nicht abgeschrieben haben. Eine Doktorarbeit zu schreiben ist noch ein wesentlich größerer Aufwand (Mediziner lasse ich mal außen vor ;) ) und wird von mehreren unabhängigen Gutachtern geprüft. Natürlich haben sich mit so einer kolossalen Fehlleistung die Prüfer und der Doktorvater verdientermaßen auch zum Gespött gemacht.
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Georg
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Re: Guttenberg

Beitrag von Georg »

@Stefan: 3 Dinge
1. Wenn man es zulässt dass ein Minister sein akademisches Examen zusammenlügt, dann können wir - nach dem Gleichheitsprinzip - alle Examen gleich abschaffen.

2. Wenn mir ein Untergebener vorschwindelt, er habe einen Hochschulabschluss (oder einen Doktor), obwohl er ihn nicht bräuchte für diesen Job, und es kommt raus, dass er eben diesen Titel nicht hat, dann kommt er bei mir bestenfalls mit einer Verwarnung davon, eher wird er gleich rausgeworfen.

3. Gegen Herrn von, zu, unter und über Guttenberg wird staatsanwaltlich ermittelt. Ich will keinen Straftäter als Minister habe, auch wenn wir seinerzeit schon mal einen Old Schwurhand hatten.
Stefan hat geschrieben:Wenn ich böse wär, würd ich sagen, eine kleine Diktatur tät DEU gar nicht mal so schlecht... Die Politiker kannste vergessen, das Volk hats nicht besser verdient und der Presse gehört eh mal der Kopf geradegerückt...
Da kommen wir der Sache mit den Persut schon näher.
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jordekorre
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Re: Guttenberg

Beitrag von jordekorre »

Jetzt muss ich mich aber dochmal zu Wort melden. Ja, absolut, Politiker sollten ein Privatleben haben. Da wird viel zu viel irrelevantes darüber berichtet, einverstanden. Aber es gibt auch Sachen aus dem Privatleben, die sind dann eben doch relevant, wenn der Politiker in einer Funktion ist, in der er mich als Bürger repräsentiert, also vertritt: Abgeordneter, Minister und ähnliches. Wenn Herr Guttenberg einen Doktortitel in seinem Amt benutzt, den er sich erschlichen hat, dann ist das nicht in Ordnung. Wenn er zudem dann noch lügt und diesen Vorwurf als "absurd" abstreitet und Tage später stellt sich heraus, dass er hunderte Seiten einfach von anderen kopiert hat (von wegen Fussnote "vergessen"), dann ist das schlicht und ergreifend nicht haltbar.

Ich stimme Dir zu, dass Guttenberg wahrscheinlich der beste Verteidigungsminister war, den es in Deutschland seit langem gab. Obwohl sich auch erst noch herausstellen muss, inwieweit seine Bundeswehrreform wirklich gut durchdacht war. Trotzdem: man darf deswegen auch nicht andere Massstäbe anlegen als an andere.

Ich gestehe Politikern durchaus ihre Fehler und Schwächen zu. Gerade wenn sie aus einer anderen Zeit stammen. Ich war ein grosser Gegner von Schilys Politik, aber ich halte es ihm nicht vor, RAF-Leute vor Gericht als Anwalt vertreten zu haben. In einem Rechtsstaat muss das auch jemand machen - wir wollen ja kein Guantanamo! Wenn Fischer in den Sechzigern Steine geworfen hat, dann ist das durchaus heikel. Aber er hat den Fehler zumindest eingesehen und eingestanden - im Gegensatz zu Guttenberg.
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Patrick
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Re: Guttenberg

Beitrag von Patrick »

Nunja, ein Student an einer Bundeswehr-Uni, welcher dabei erwischt wird, kann sich auf etwas gefasst machen... aber wenn der IBuK angleicher Stelle betrogen hat ist's OK? Ich weiss nicht...

Abgesehen davon, wird zu Guttenberg zwar immer hochgelobt, aber was hat er als IBuK denn wirklich gerissen? OK, er hat mit Jauch (?) in A-Stan 'ne Sendung gemacht und eine Reform angestossen, welche sich erst noch beweisen muss (Nachwuchsprobleme olé!). Ansonsten? Das Handling um die "Kundus Affäre" erinnerte mehr an ein Fähnchen im Wind - Und das obwohl endlich mal ein Offizier die (verzeiht den Ausdruck) Eier hatte das Notwendige zu tun. Seine Karriere kann Oberst Klein trotz Freispruchs doch abhaken... - Das nächste Fettnäpfchen, was der IBuK gekonnt angesteuert hat war der Unfall auf der GF. Auch hier entscheidet er sich minütlich um (Hatte die BILD evtl. zu diesem Zeitpunkt den Kapitän angeprangert?!). Ich persönlich sehe in zu Guttenberg nicht den "Heiland", zu welchem er hochstilisiert wurde, wenngleich er auch nicht alles Falsch gemacht hat. Er hatte seinen lichten Momente, aber so Überragend wie überall dargestellt war er nicht.
liisa-maria
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Re: Guttenberg

Beitrag von liisa-maria »

Also ich finde es ja wirklich zu drollig das die "Akte Guttenberg" auch Einzug in unser Forum gefunden hat. Ich habe mich sehr geärgert, dass darum so viel Wind gemacht worden ist. Und klar ist doch, wenn ein Professor aus Bremen beim bearbeiten der Doktorarbeit ganze Seiten aus einem Bericht des Bundestages entdeckt, dass er das meldet. Und an Stefan: an der Uni wirst du schon exmatrikuliert (rausgeschmissen) , wenn du einen betrügerischen Versuch bei einer normalen Hausarbeit unternimmst und hättest du schon mal so was geschrieben, wüsstest du, dass so etwas viel Arbeit ist und dazu dient, dass man selber etwas lernt und forscht. Durch abschreiben ist noch nie jemand klüger geworden.
Aber weiter beim Thema:
Es ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass ein Betrüger, kein Verteidigungsminister sein kann. Und es stand doch schon fest, dass er betrogen hatte, die Justiz muss nun eben das Strafmaß festlegen-trotz allem ist es aber doch nicht möglich einen Betrüger sein Amt weiter ausführen zu lassen, weil man ihm nicht mehr vertrauen kann. Punkt. Da kann man sich doch viele Diskussionen sparen.

Und eine Doktorarbeit ist kein albernes Schaulaufen sondern lange und harte Arbeit(abgesehen verwenden die meisten Professoren und Doktoren ihren Titel doch gar nicht-da muss man nur auf ihre Publikationen schauen, da sind sie in der Regel ohne ihren Titel genannt) , bei der man auf ein vernünftiges Gehalt verzichtet und Jahre der Forschung widmet. Sie qualifiziert aber auch zu höheren Aufgaben in der Forschung und an Universitäten. Und man sollte sich nicht über Junge Ärzte lustig machen, denn jeder fängt mal an und ich möchte jetzt nicht die Ausbildung und länge einer ausbildung zum Rettungsassistenten mit dem Medizinstudium vergleichen... das sind solche Themen die sollte man nicht anschneiden wenn man sich nicht ausreichend informiert hat und das gleiche gilt auch für Diktaturen. Vielleicht spricht da ja aber auch nur der Neid aus einigen Mitgliedern unseres Forums.

So dann allen noch eine schöne Frühlingszeit!
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jordekorre
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Re: Guttenberg

Beitrag von jordekorre »

Stefan hat geschrieben: 3.) DAS ist typisch Deutsch. schuldig bis Unschuld bewiesen. Sorry, aber Ermittlungen sagen gar nichts! Im Rechtsstaat hat nur eine Verurteilung zu gelten und sonst nichts! Leute wegen laufender Ermittlungen vorsorglich rauszuschmeißen ist eine gute Deutsche Tugend, die ich ebenso zum Kotzen finde und die glücklicherweise zumindest im zivilen Berufsleben den übereifrigen Arbeitgeber teuer zu stehen kommt, wenn der Arbeitnehmer sich gerichtlich wehrt, insbesondere, wenn sich rausstellt, daß er unschuldig war.
Du meinst, so wie der von Dir verteidigte Herr Guttenberg den Kommandanten der Gorch Fock erst nach einer Verurteilung abgesetzt hat, oder den Generalinspekteur der Bundeswehr wegen des Afghanistanbombardements erst nach Abschluss der Ermittlungen? Verstehe... ;-)
liisa-maria
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Re: Guttenberg

Beitrag von liisa-maria »

:lol: :lol:
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Micha
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Re: Guttenberg

Beitrag von Micha »

Stefan hat geschrieben: Für mich ist ein Doktortitel nur eitles Schaulaufen. Im titelgeilen Deutschland ist das traditionell extrem hoch angesehen, denn damals war man als Herr Doktor ja was.
Für mich hat das absolut keinen Wert, genausowenig wie ein Uniabschluß, auf den sich so viele Leute gottweißwas einbilden.
Aber für Guttenberg hatte er so viel Wert, dass er dafür seine Karriere auf's Spiel gesetzt hat. So ganz unbrauchbar kann so ein Titel nicht sein.

Noch etwas zum o.g. "Mobbing": immerhin hat sich die Bild-Zeitung überhaupt nicht dazu hinreissen lassen - im Gegenteil. Da war sie bei anderen schon wesentlich weniger zimperlich (z.B. erinnere ich mich an eine Schlagzeile zu Ypsilanti: "Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht mehr!").
Mit der Bild-Zeitung im Rücken kann man doch eigentlich nicht mehr so recht von Mobbing sprechen; vielleicht lag es eher an der Uneinsichtigkeit Guttenbergs, dass die Vorwürfe immer lauter wurden.
WEITERSAGEN!
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Georg
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Re: Guttenberg

Beitrag von Georg »

@Stefan: auch Rettungsassistenten sind keine Halbgötter, genausowenig wie Ärzte. Genauso begrenzt sind die Möglichkeiten von Rettungsassistenten, die ärztliche Tätigkeit zu beurteilen. Dass junge Ärzte bisweilen masslos arrogant an der Einsatzstelle auftreten, um ihre Unsicherheit zu kaschieren, ändert an dieser Tatsache nichts.

Interessant finde ich, wie Du wählerisch auf Beiträge reagierst. Passt Patricks Antwort nicht in Dein Schema?
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Peter
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Re: Guttenberg

Beitrag von Peter »

Jetzt gebe ich auch noch meinen Senf dazu, wenngleich hier wohl schon alles gesagt wurde. Ich habe ein Diplom, meine eine Tochter ihren Master, die andere macht ihn. Ich will damit nicht prahlen. Aber wir können sagen, dass wir uns diese Titel ehrlich verdient haben. Ich habe mir für meine Diplomarbeit ein Bein ausgerissen, aufwendige Erhebungen durchgeführt, ausgewertet, interpretiert und Lösungen für die Praxis erarbeitet. Da war und bin ich immer noch sehr stolz drauf, eben weil es meine Arbeit ist und die Ergebnisse auf meinen Forschungen beruhen.
Leider denken heute nicht mehr alle Studenten so. Der Notendruck lässt immer wieder Studierende schwach werden, die dann bei einer Doktor-, Diplom-, Bachelor- oder Masterarbeit den Verlockungen des Internets nicht widerstehen können. Dies hat dazu geführt, dass mittlerweile und zunehmend immer mehr Universitäten Abschlussarbeiten mit einem entsprechenden Programm online scannen, um Plagiate aufzuspüren. Einige Universitäten bedienen sich des sehr treffsicheren PlagiarismFinder oder anderen, teils kosteninsensiven Onlinelösungen. Dies geht soweit, dass sich Studenten ganzer Studiengänge bei Abgabe ihrer Arbeit schriftlich damit einverstanden erklären müssen, dass ihre Arbeiten von entsprechenden Dienstleistern gefilzt werden. Vor diesem Hintergrund herrscht auch unter den Studierenden der allgemeine Konsens, dass Guttenberg hier kein Unrecht widerfahren ist.

Ein führender Politiker, und dazu zähle ich auch den ehemaligen Verteidigungsminister, hat eine Vorbildfunktion zu erfüllen. Es kann kein Argument sein zu sagen, was denn das Amt eines Ministers mit einem „ehrlich“ erworbenen oder erschwindelten Doktortitel zu tun haben soll. Wenn uns Bürgern und insbesondere der jungen Generation gewisse Tugenden, Normen und Werte etwas Selbstverständliches sein sollen, muss ihr dieses auch vorgelebt werden. Nicht nur von den Eltern, sondern auch von unseren Volksvertretern. Dass, was sich Guttenberg mit seinem Plagiat erlaubt hat, ist schon mehr als dreist. Es geht hier ganz und gar nicht nur um ein paar Anführungszeichen vor und hinter dem einen oder anderen Zitat. Eine Einleitung, aus zwei, drei Quellen, fast wortwörtlich übernommen und zusammengeschrieben, bis zu 15 Seiten fremden Text durchgängig von anderen Autoren übernommen, maximal fünf Seiten durchgängig korrekt geschrieben… Das erfüllt den Straftatbestand des Betruges. In der freien Wirtschaft würde der erschwindelte Doktortitel, unabhängig davon, ob dieser für die innehabende Position benötigt wird oder nicht für einen fristlosen Rausschmiss reichen.

@Stefan:
Du musst ja als ehemaliger deutscher Bürger kein schönes Leben hier gehabt haben. Zitate:
„Typisch Deutschland…“
„…eine kleine Diktatur tät DEU gar nicht mal so schlecht…“
„…Die Politiker kannste vergessen, das Volk hats nicht besser verdient…“
„DAS ist typisch Deutsch…“
„…ist eine gute Deutsche Tugend, die ich ebenso zum Kotzen finde…“

Hast du Probleme mit deiner eigenen Vergangenheit?
Ich könnte dir jetzt einige (Un)Tugenden der Finnen nennen, beispielsweise die geradezu erstaunliche Gelassenheit oder Ignoranz der Bevölkerung gegenüber der miserablen Umweltpolitik der finnischen Regierung, die deutlich macht, wie sehr die Wirtschaft, mehr noch als in Deutschland, Einfluss auf die Politik hat. Oder… ach ne, falsches Thema hier. Was ich sagen will: Die Floskel „Typisch (deutsch)…“ ist variabel einzusetzen. Für“ typisch finnisch“ gibt’s bestimmt ebenso viel Beispiele, positive und negative.

Der Versuch eines Vergleichs, hier mit den Ärzten, kann ich nicht nachvollziehen.
Ich denke schon, dass Titel durchaus ihre Berechtigung haben, sofern sie denn wirklich selbst erarbeitet wurden. Ja, und wie überall gibt es Mensachen, die sich auf ihren Titel wer weiß was einbilden. Nicht umsonst kennt ja ein jeder das geflügelte Wort der „Götter in Weiß“. Ja, offenbar fühlen sich nicht wenige Mediziner tatsächlich so und lassen dies auch gegenüber ihren Untergebenen spüren. Das ist natürlich nicht ok. Aber ich denke schon, dass ein Arzt mit mindestens 12 Semestern Studium und als Facharzt weiteren 10 Semestern, am Unfallort eher in der Lage ist, eine kritische Situation richtiger zu beurteilen als beispielsweise ein Rettungsassistent mit zweijähriger Ausbildung oder bei einem Rettungssanitäter mit 13 Wochen. Das soll natürlich nicht heißen, dass auch ein promovierter Arzt mit seiner Einschätzung auch völlig daneben liegen kann (wie auch der Rettungsassistent).
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