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Verfasst: Mo Nov 13, 2006 1:21 pm
von Sid
Leider nein :( , Kristina, gesättigt ist der Markt mit den einheimischen Akademikern in immer mehr Branchen nicht. Das ist fast täglich sehr präsent in der Presse. Besonders im Ingenieurwesen (Electronics, Automation, Construction), weitgehend auch IT. Ferner wegen dem Brain Drain im med. Bereich und besonders happert es bei Marketingkenntnissen (finnische Ausbildungen sind technisch- aber nicht besonders kaufmännisch orientiert).

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 1:33 pm
von Antje
Sid hat geschrieben:Nein, Kristina, gesättigt ist der Markt mit den einheimischen Akademikern in immer mehr Branchen nicht. Das ist fast täglich sehr präsent in der Presse.
Muss zustimmen - zumindest in den "harten" Wissenschaften ist es schwierig, Leute zu finden. Mein Mann erfährt das jeden Tag am eigenen Leibe. Gut für ihn, denn er hat ja Arbeit, kann aber nicht die Leute finden, die in sein Team passen. Sprache ist da allerdings zweitranging, denn besonders in Wissenschaft und Wirtschaft ist Engl üblich und aussreichend (deshalb kann mein Mann leider immer noch nicht mehr als "Minä puhun vähän suomea... ":wink:

Zum Thema Studenten: es studieren zwar viele und sich auch gut, aber aus eigenen Erfahrungen in weicher und harter Wissenschaft ist die Motivation, das Interesse und der Wissensstand nicht so hoch, wie erwartet, bzw. jedenfalls nicht höher als aus D & UK bekannt. Ausserdem ist die Studienzeit extrem lang und - die genaue Statisik kenne ich leider nicht - es gibt etliche drop-outs. So schnell und massig produzieren die Finnen jedenfalls keine Akademiker. Hat jemand die genauen Zahlen von Stuienanfängern und tatsächlichen Graduierten?

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 1:44 pm
von Kristina
Auch wenn es traurig ist, gibt es mir einen persönlichen Vorteil. Vielleicht steht es dann ja doch nicht so traurig um meine Arbeitszukunft.

Was sind "harte" und "weiche" Wissenschaften? Ich weiß nicht ob ich grad auf dem Schlauch stehe, aber so habe ich das noch nicht gehört.

Mit dem Englisch als Arbeitssprache bin ich aber nicht so ganz überzeugt. Sonst wäre es für ausländischen Studenten doch nicht so schwer einen Summerjob zu bekommen. Da heißt es immer Finnisch ist muss, blabla. Und es nur auf zwischenmenschliche Kommunikation (Arbeitssprache ist Englisch, genschackt wird aber in Finnisch) zu schieben finde ich doof. Warum müssen die unbedingt in Finnisch schnacken? So was macht mich ein wenig wütend.. :roll:

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 1:55 pm
von Anita
Die Tallinkgeschichte ist natuerlich traurig, aber wenn ich eestischer Unternehmer wäre hätte ich die alte Belegschaft wohl auch komplett gegen eestische Arbeitnehmer ausgetauscht.
Ich denke mir schon, dass viele Finnen und Deutsche gerne auf dem Schiff gearbeitet haben, es ist ja schliesslich nicht der schlechteste Job.

Was mich aber immer wieder wundert, wieviele Finnen doch hier noch Jobs machen, die in Deutschland lange Zeit kein Deutscher machen wollte. Spontan fällt mir da natuerlich die Reinigungsbranche, Mc Donald´s etc. ein. Diese Stellen sind ueberwiegend noch mit Finnen besetzt, obwohl sich das wohl in den kommenden Jahren ändern wird.

Ich kenne relativ viele Finnen, die Jobs machen fuer die sie nach deutschen Massstäben eindeutig ueberqualifiziert sind. Wenn man dann mal nachfragt ist die gängige Antwort: Besser irgendeine Arbeit annehmen und dann nach was besserem Ausschau halten als arbeitslos zu Hause bleiben. Finde ich eine sehr lobenswerte Einstellung. Ich praktiziere es nämlich auch gerade.

Andererseits ist in Finnland das Ausbildungsniveau sehr hoch. Es hat ja fast jeder Abitur und jeder zweite studiert hier. Sei es direkt nach der Schule oder im späteren Berufsleben. Die finnische Erwachsenenbildung bietet ja unzählige Möglichkeiten sich ein Leben lang weiterzubilden. Aber es gibt halt nicht genug Arbeitsplätze, die der Qualifikation der Leute hier entsprechen. Ich spreche jetzt nicht unbedingt von der Hochschulausbildung, da wird ja die Anzahl der Studienplätze und späterer Bedarf doch abgewogen.

Deshalb ist es hier in Finnland fuer gutausgebildete Ausländer um so schwerer einen Job zu bekommen. Das groesste Problem meiner Meinung nach ist die extrem schwierige Sprache und auch die Einstellung der meisten Finnen gegenueber Ausländern. So als ob man ein Wesen vom anderen Stern ist.
In meinem damaligen Sprachkurs waren auch einige politische Fluechtlinge, die nicht unbedingt begeistert waren in Finnland gelandet zu sein. Genaueres wollten die mir natuerlich auch nicht erzaehlen, aber der Grossteil wollte schon lieber nach Schweden oder Deutschland. Erstens sind die Ausländergruppen besser organisiert, da es einfach viel mehr Ausländer in D und S gibt und es auch wesentlich leichter ist mit mangelnden Sprachkenntnissen und zusätzlicher Hilfe durch die eigenen Landsleute einen Job zu finden.

So, nun etwas zum eigentlichen Topic! Also die peinlichste Auswanderergeschichte waren die zwei Hartz IV - Empfänger (nichts gegen Hartz IV-Empfänger; das kann wirklich jedem passieren), die nach Paraguay ausgewandert sind, um dort Arbeit zu suchen. Die wunderten sich dann, dass es dort arme Menschen gibt und Kinder ohne Schuhe rumlaufen. Man kapierte dann bei Currywurst und Pommes, dass es wohl schwierig werden wuerde eine gutbezahlte Arbeit zu finden und man doch eventuell wieder nach Deutschland zurueckkehrt. Soviel Naivität ist dann doch unglaubwuerdig. Also das war eine echt peinliche und blöde Sendung.

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 2:07 pm
von Sid
Reden wir am Topic vorbei? Ich find das Thema gerade zutreffend. Wenn es sich wieder offtopic entwickelt hat, dann tut es mir Leid.
Anita hat geschrieben: Aber es gibt halt nicht genug Arbeitsplätze, die der Qualifikation der Leute hier entsprechen.
Den Prognosen nach werden in 2020 in Finnland 2.1 Mio. Akademiker fehlen....
Anita hat geschrieben:auch die Einstellung der meisten Finnen gegenueber Ausländern. So als ob man ein Wesen vom anderen Stern ist.
Ja.

@Kristina

Man sollte sich schon integrieren und auf Finnisch mitschnacken. Aber es gibt kleine Oasen, wo auch das respektiert wird. Wir brauchen Ausländer und wenn sie noch nicht Finnisch können, wird auch auf Englisch geschnackt. So war das bei mir am Anfang. Das haben wir auch in Deutschland in einem wahrlich internationalen Unternehmen noch besser gehandhabt. In beiden Unternehmen haben Ausländer leitende Jobs zusammen mit Finnen übernommen und es funktioniert prima und ergänzt sich wunderbar. Neuerdings haben wir organisierte "Finnischschnack" Stunden zweiwöchentlich. Find ich eine coole Idee.

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 2:20 pm
von Kristina
Sid hat geschrieben: @Kristina

Man sollte sich schon integrieren und auf Finnisch mitschnacken. Aber es gibt kleine Oasen, wo auch das respektiert wird. Wir brauchen Ausländer und wenn sie noch nicht Finnisch können, wird auch auf Englisch geschnackt. So war das bei mir am Anfang. Das haben wir auch in Deutschland in einem wahrlich internationalen Unternehmen noch besser gehandhabt. In beiden Unternehmen haben Ausländer leitende Jobs zusammen mit Finnen übernommen und es funktioniert prima und ergänzt sich wunderbar. Neuerdings haben wir organisierte "Finnischschnack" Stunden zweiwöchentlich. Find ich eine coole Idee.
Klar sollte man sich integrieren, möchte ich auch. Aber zur Zeit KANN ich es einfach noch nicht (mein Finnisch reicht einfach noch nicht zum mitschnacken)! Ich würde zum Beispiel gerne einen Nebenjob in der Branche haben, scheint aber schwierig zu werden... schade.

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 2:21 pm
von Kristina
Was sind "harte" und "weiche" Wissenschaften? Ich weiß nicht ob ich grad auf dem Schlauch stehe, aber so habe ich das noch nicht gehört.
Wurde das übersehen? :oops:

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 2:29 pm
von Sid
Das kenn ich nur zu gut. :(

Ich meinte lediglich, man sollte es mit der Zeit versuchen, denn am Anfang ist es nun nicht möglich. Aber wenn Finnen so auf "going global" machen, sollten sie Ausländern nicht das Gefühl geben, überflüssig zu sein. Das geht auch anderswo, also sollte es kein Problem sein... Es sollte keine Forderung der Ausländer sein, aber es ist nicht mehr zeitgemäss, die Präsenz von Ausländern abzulehnen.

Harte Wissenschaften - Antje zu hülf! Ich schätze mal Technologie, Engineering?

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 2:34 pm
von Georg
Sid hat geschrieben: Ich schätze mal Technologie, Engineering?
exakte Naturwissenschaften wahrscheinlich noch (Physik, Chemie, Informatik,Mathematik), vielleicht auch die nicht exakten wie Biologie. Medizin dürfte auch in diese Gruppe gehören; bei BWL/VWL bin ich mir nicht so sicher.

Das Gegenteil sind dann die Humanisten.

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 2:50 pm
von Anita
Habe nichts gegen offtopics. Daraus können sich sehr interessante Themen entstehen. Ich wollte in keinster Weise Kritik ueben. Mir sind halt die beiden Deutschen in Paraguay nachhaltig in Erinnerung geblieben. Das wollten ich nur allen mitteilen.

Ich bewege mich nicht ausschliesslich in akademischen Kreisen, sondern kenne viele Finnen mit normalen Berufen wie Bueroangestellte, Koch, Grosshandelskaufleute etc. Ich bezog meinen Beitrag auch mehr auf diese Berufsgruppen, nicht auf Akademiker. Viele haben sogar mehr als nur einen "amattitutkinto" und sind trotzdem oft nicht in den Berufen und Positionen tätig, die ihrer Ausbildung ensprechen wuerden. Aber der Finne ist da ja relativ flexibel. Man kann ja erst mal dort arbeiten, sich nebenher "noch mehr" weiterbilden und irgendwann kommt schon das passende Stellenangebot.
Was Zahlen und Fakten im Hochschulbereich angeht bin ich nicht so gut informiert, aber das gute Ing. in Europa Mangelware sind ist sicherlich richtig. Das freut mich fuer die osteuropäischen und asiatischen Topkräfte. So erhalten diese die Möglichkeit bei uns Erfahrungen zu sammeln.

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 3:07 pm
von Antje
Kristina hat geschrieben: Was sind "harte" und "weiche" Wissenschaften? Ich weiß nicht ob ich grad auf dem Schlauch stehe, aber so habe ich das noch nicht gehört.
mal ganz vereinfacht: die, die mit Zahlen arbeiten und die, die mit Worten arbeiten. Wie schon von den anderen gesagt: weich: Humanisten (Worte), hart: Naturwissenschaften, Business, Computerwissenschaften. (Zahlen)

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 6:26 pm
von krusibaby
Also die Entwicklung ist spannend....
da wir ja schon so viel über Berufe und arbeiten usw reden würde ich gerne mal wissen welche Berufe so unter uns schwirren und welche Erfahrungen ihr gemacht hab, als ihr hier in Finnland angefangen habt zu arbeiten. Vielleicht musstet ihr sogar den Beruf wechseln oder habt sogar hier studiert?!

mhm...mal ein kleines Beispiel was mir in der Berufs-/ Studienberatung in Deutschland gesagt wurde:
*zur Info: Ich plane Architektur zu studieren und als Erweiterung Innenarchi. - dazu Sprachkurse in FINNISCH und weiter an meinem ENGLISCH arbeiten*
"Meiner Meinung nach ist es total Sinnlos in Finnland leben zu wollen und auf einen guten Arbeitsplatz zu hoffen, egal in welchem Bereich, da sie dort eh keinen Erfolg haben werden!"
Mich hat dieser Satz selbst garnicht so gestört, da es mir klar ist: EINFACH IST WAS ANDERES!!!
ABER auch auf mehrere Fragen bekam ich nur die Antwort: Zu Finnland können wir ihnen nichts sagen ABER IN DEN USA.... usw ...
Von DEUTSCHER Seite her, wollte *zumindest mir* niemand so recht Infos zu dem Thema geben, mag sein dass sie es selbst garnicht wissen! Erst nach einigen mails hat mir dann dann das "Finnland-Institut in Deutschland" eine Antwort geschickt mir der man auch etwas anfangen konnte!
Finde ich persönlich schade, da man doch gerade auch denen helfen sollte die nicht in die beliebtesten Länder gehen.
Deutlich wird das auch an anderen Sachen, dass es zum Beispiel keine Organisation gibt die Aupairs nach Finnland vermittelt...dafür aber hunderte in die USA! Dies hat allerdings auch wieder mehrere Gründe - im ganzen Wirtschafts und Weltgeschehen spielen die USA eine größere Rolle *und auch andere Länder* als Finnland - da ist dann auch klar welche Richtung eher gefördert wird...

*Mhm* ich hoffe das ging jetzt nicht gegen den "Verlauf!" oder ist zu verwirrend*denk*sorry :)

@ Kristina: Ich fange mein Studium in Deutschland an mit dem Gedanken wieder nach Finnland zu kommen. Mir schwebt auch immer die Panik im Kopf rum: was ist wenn du da keinen Job bekommst?! aber bis dahin ist für mich *leider* noch ein wenig...

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 6:26 pm
von scoop
""
PostPosted: Mon Nov 13, 2006 1:19 pm Post subject:
Ein Problem das Akademiker hier nicht so einfach Arbeit finden könnte sein, dass Finnland im Schnitt viel mehr Akademiker hervorbringt als andere Länder.""

>Diese Information könnte dem Fundus von Statistics Finland entnommen
sein.< :?

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 6:30 pm
von Sid
krusibaby hat geschrieben:Also die Entwicklung ist spannend....
da wir ja schon so viel über Berufe und arbeiten usw reden würde ich gerne mal wissen welche Berufe so unter uns schwirren und welche Erfahrungen ihr gemacht hab, als ihr hier in Finnland angefangen habt zu arbeiten. Vielleicht musstet ihr sogar den Beruf wechseln oder habt sogar hier studiert?!
Sollten wir vielleicht einen neuen Thread der übersichtlichkeit halber daraus basteln? Es ist sehr umfangreich. Ich hoffe es ist ok das Thema mal umzuziehen ;).

Verfasst: Mo Nov 13, 2006 6:31 pm
von krusibaby
YES SIR ;)
das können wir tuten täten.... *gute idee*