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Verfasst: Mo Jan 22, 2007 2:36 pm
von Sonjaza
dann bleib ich noch hier :-D Ist immerhin 3% niedriger in D.

Verfasst: Mo Jan 22, 2007 4:51 pm
von derdingens
Noch.
Gruss, dingens

Verfasst: Mo Jan 22, 2007 5:04 pm
von Sid
Niedriger als in Deutschland? Mehrwertsteuer? :?

Verfasst: Mo Jan 22, 2007 5:21 pm
von fax
Sonjaza hat geschrieben:dann bleib ich noch hier :-D Ist immerhin 3% niedriger in D.
Dann viel Spaß noch beim Zahlen von Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Solidaritätszuschlag, etc. pp. 8)

Verfasst: Mo Jan 22, 2007 5:59 pm
von Sonjaza
Sid hat geschrieben:Niedriger als in Deutschland? Mehrwertsteuer? :?
Nein, umgegehrt :-D Ich wohne doch in Deutschland.

Verfasst: Mo Jan 22, 2007 6:00 pm
von Sonjaza
fax hat geschrieben:
Sonjaza hat geschrieben:dann bleib ich noch hier :-D Ist immerhin 3% niedriger in D.
Dann viel Spaß noch beim Zahlen von Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Solidaritätszuschlag, etc. pp. 8)
Danke, wird mir viel spass machen *lol*

Berechtigte Frage!

Verfasst: Di Jan 23, 2007 10:17 am
von Nordlicht
Sonjaza hat geschrieben:ist die MwSt. immernoch 22%?
Die Frage ist berechtigt. Für diejenigen, welche es interessiert wie es zu den heutigen Mehrwertsteuersätzen gekommen ist:

Auszug aus dem Protokoll der Eduskunta/Parlamentsdebatte vom 08.11.1991 (schon sehr lange her, nicht wahr?):

Kuluvan vuoden (1991) lokakuun 1 päivänä voimaan tulleen uuden liikevaihtoverolain mukainen pysyväksi säädetty verokanta on 21,2 prosenttia. Kuluvan vuoden lokakuun alusta vuoden loppuun sovellettava väliaikainen verokanta on 22 prosenttia. Hallitus ehdottaa, että tätä 22 prosentin verokantaa jatkettaisiin vuoden 1992 loppuun.

Frei übersetzt:
Mit dem am 1. Oktober des laufenden Jahres (Anm. 1991) in Kraft getretenen Warenumsatzsteuergesetzes wurde ein fester Steuersatz von 21,2 % festgeschrieben. Seit Anfang Oktober des laufenden Jahres ist bis zum Jahresende ein provisorischer Steuersatz von 22 % anzuwenden. Die Regierung schlägt vor, dass dieser Steuersatz von 22 % darüber hinaus bis zum Ende des Jahres 1992 in Kraft bleiben soll.

Hiernach wurde für den Steuersatz 22 % das Provisorium kurzerhand aufgehoben und 1994 fest in die neu eingeführte Mehrwertsteuer/arvonlisävero übernommen. Für Lebensmittel wurde die MWSt erst 1995 auf 17 % gesenkt. Die für Personentransporte und Bücher festgelegten Steuersätze 12 und 6 % wurden zum jetzigen Einheitssteuersatz 8 % zusammengefasst.

Wir haben es also beim Allgemein-MWSt-Steuersatz mit einem zementierten Provisiorium zu tun. Die für Nahrungsmittel geltenden 17 % sind für den finnischen Markt zu hoch und haben zusammen mit der von der EU auferlegten Landwirtschaftspolitik nachhaltig dazu beigetragen, die finnische Nahrungsmittelindustrie kaputtzumachen. (Meine Meinung, andere respektiere ich natürlich, man darf sie aber auch begründen).

Solche zementierte Provisorien gibt es in diesem Land auch weitere, beispielsweise die Kfz-Steuer/Ajoneuvovero. Sie wurde (1994?) sehr hastig als Kfz-Abgabe eingeführt – weil die Staatskasse leer war. Sie sollte wieder aufgehoben werden sobald sich die Situation der Staatskasse wieder gebessert haben sollte. Die eigentliche Kfz-Steuer wird nämlich in Finnland mit dem Erwerb eines Autos erhoben. Heute am St. Nimmerleinstag (hab ich den nicht schon einmal in dieser Rubrik erwähnt?) besteht die 2004 in eine Steuer umgewandelte Abgabe immer noch. Neuesten Informationen zufolge soll sie von einer neuen Kfz-Steuer abgelöst werden, welche schadstoffbezogen erhoben werden soll. Als Modell hierzu soll die schwedische Kfz-Steuer dienen. Mehr dazu unter:

http://www.tuulilasi.fi/valokeila/?suba ... cle=126857

Verfasst: Di Jan 23, 2007 12:51 pm
von derdingens
Hallo Nordlicht;
verglichen mit den deutschen MWSTsätzen, wo dasselbe Produkt abhängig vom Gebrauch unterschiedlich besteuert wird, ist das System noch recht simpel gestrickt.
Aber natuerlich ist es falsch, die MWST fuer Nachteile der Lebensmittelindustrie verantwortlich zu machen, weil: Die gilt nämlich fuer alle Hersteller, auch fuer Importeure. Sie wird ja vom Endverbraucher "erhoben". Bei einer Erhöhung hat dann v.a. der Einzelhandel das Problem, ob er die Preise gleichlässt, damit der Preis auf X,99€ bleibt oder, was wahrscheinlicher ist, gleich auf Y,99€ erhöht. Ist laut Verbraucherforschung ja auch sinnvoll :?
Ausserdem ist die die finnische Nahrungsmittelindustrie ja alles andere als kaputt, nur mal als Beispiel FAZER (jaja, Schweden...), HK, Pirkka-Marken, Gemuese, Valio, Ingman...
Und das der Zuckerruebenbau hier endlich aufhört, gibt einem doch mal ein Fuenkchen Hoffnung in die EU-Kompetenz.

Was ich eigentlich sagen wollte: Das Ziel der MWST Erhöhung in Finnland war ja, aus gegebenem Anlass den Haushalt zu stabilisieren, was ja auch geklappt hat. In Deutschland dagegen reichen die 3% hinten und vorne nicht, mal wieder ein + vor die "Jahresendabrechnung" zu machen. Da fehlen noch ein paar Steuererhöhungen, bevor Deutschland auch mal Schulden netto zurueckzahlen kann. Ähh, könnte.
So, wollte ich mal gesagt haben :)

Gruss,
dingens

Verfasst: Di Jan 23, 2007 8:48 pm
von Nordlicht
Hallo dingens,

Wegen dem Ende des Zuckerrübenbaus (ein Betrieb bleibt glaub ich erhalten?) sind die Finnen wohl nicht so traurig, denn die Wertschöpfung ging ohnehin schon nach DK.

Ich vergleiche nicht mit D (von D weiß ich nur, dass es schwierig ist, dort bezahlte MWSt zurückzufordern und zu bekommen, ganz im Gegensatz z.B. zu A (Österreich) und in Widerspruch zu einschlägigen EU-Direktiven. Ich kenne vom deutschen MWSt-System sonst nur den Allgemeinsteuersatz.

Immerhin nennt auch die staatliche Finnvera (Finanzierungsinstitut) in ihrem Lagebericht zur Lebensmittelindustrie die hohe MWSt in Finnland als einen der Gründe, welche die Zukunft der Lebensmittelindustrie gefährden. Natürlich sind ein finnischer Hersteller und ein Importeur bei der MWSt gleichgestellt. Im gemeinsamen Markt kann man jedoch kaum von gleich langen Ellen sprechen, z.B. wenn der Spanier nordafrikanische Immigranten zum Hungerlohn Tomaten pflücken lässt (mit Duldung der EU). Auf dem finnischen Markt unterbieten diese Erzeugnisse, obwohl mit dem Flugzeug hergeschafft, im Preis die einheimischen Tomaten wesentlich. Danone, Unilever, Nestlé usw. produzieren in ganz anderen Größenordnungen als z.B. die schon schwer angeschlagene Raisio. Auch die MWSt-Regelung im gemeinsamen Markt verdient es, kritisch betrachtet zu werden. Im Bericht "Kulutusverotus Suomessa" von Veronmaksajat ry./Bund der Steuerzahler nennt die Verfasserin die Missbrauchsmöglichkeiten im innergemeinschaftlichen Warenverkehr, welche auch in der deutschsprachigen Presse auf Aufmerksamkeit gestoßen sind. Das jetzige innergemeinschaftliche MWSt-System ist ja eigentlich auch ein Provisorium.

60 % der finnischen MWSt wird von den Haushalten bezahlt (40 % von der öffentlichen Hand und anderen „nicht abzugsberechtigten“ Körperschaften). Beim hohen Steuersatz von 17 % handelt es sich um eine progressionslose Steuer. Dies trifft v.a. die unteren Einkommensschichten. Die Verlockung, das billigere ausländische Lebensmittelerzeugnis zu kaufen, ist entsprechend groß und die Gefahr ebenso, dass deshalb immer mehr finnische Hersteller aufstecken müssen. Abgesehen von der fischverarbeitenden Industrie war die Lebensmittel- und Getränkeherstellung in Finnland bis 2005 sinkend (Zahlen 2006 noch nicht bekannt). Kleinproduzenten haben es in Finnland immer schwerer ihre Produkte an den Markt zu bekommen. Bei den Kleinbäckereien ist der Niedergang seit Jahren schon besonders dramatisch.

Du merkst vielleicht, auf was ich hinaus will. Mir geht es nicht in erster Linie um Fazer, Valio und Ingman (Ingman hat eben erst Teile an Arla verkauft), sondern mehr um die kleinen und mittelgroßen Produzenten und Verarbeiter. Oder haben die im EU-Rationalisierungssystem keinen Platz?

Verfasst: Di Jan 23, 2007 8:56 pm
von Sid
Nordlicht hat geschrieben:Die Verlockung, das billigere ausländische Lebensmittelerzeugnis zu kaufen, ist entsprechend groß und die Gefahr ebenso, dass deshalb immer mehr finnische Hersteller aufstecken müssen.
Behilflich ist nur dabei der Finnen Loyalität zu einheimischen Produkten - um jeden Preis. Im übrigen teile ich Deine Meinung.

Verfasst: Di Jan 23, 2007 9:28 pm
von derdingens
Hallo nochaml;

ich glaube tätsächlich, dass der "sympathische", mittelständische Betrieb keine Zukunft mehr hat- weil er aufgrund geringerer Skaleneffekte teurer herstellt. Und die Leute kaufen halt das, was (bei i.A. gleicher Qualität) billiger ist. Zurecht. Man redet zwar immer vom Laden um die Ecke, aber am Ende kauft man sein Brot dann doch im billigeren Supermarkt. Auch wenn es dann wieder keiner gewesen sein will.

Hier in Finnland gibt es ja fast nur noch die "Prisma-Citymarket"-Duos, und deren Einkaufsmacht bewirkt halt, dass sich die Gegenseite auch zusammenrottet oder pleite geht.
Ich habe mal in älteren Berichten gelesen, um zu sehen, ob frueher wirklich alles besser war- war es nicht. Die Sorge, dass die Firmen "zu gross" werden, habe ich mal in einem Bericht ueber GM aus den 30er Jahren gelesen (als sie Opel gekauft hatten). Aber gluecklicherweise kommt dann doch immer wieder Konkurrenz von irgendwo, wenn die Konzerne zu gross werden.
Als Pfizer vor ein paar Jahren 10% des Welt-Pharmamarktes hatte, dachte auch jeder, jetzt ist es aus. Aber es kam halt anders, die Riesen schrumpfen dann halt wieder oder verschwinden sogar ganz. Das ist ja das Schöne :)

Zum MWST-Betrug: Das ist mittlerweile ein ganzer Industriezweig geworden. Ich habe mal was von 60 MRD € Schaden pro Jahr gelesen; dass imaginäre Waren durch Europa transferiert werden, um die MWST abzugreifen. Kriminell halt...

Gruss,
dingens

Verfasst: Di Jan 23, 2007 10:25 pm
von fax
Nordlicht hat geschrieben: Im gemeinsamen Markt kann man jedoch kaum von gleich langen Ellen sprechen, z.B. wenn der Spanier nordafrikanische Immigranten zum Hungerlohn Tomaten pflücken lässt (mit Duldung der EU). Auf dem finnischen Markt unterbieten diese Erzeugnisse, obwohl mit dem Flugzeug hergeschafft, im Preis die einheimischen Tomaten wesentlich.
Warum muss eigentlich im hohen Norden mit hohem technischen Aufwand Gemüse aus den Subtropen angebaut werden? Wenn es im Sommer frische Tomaten aus finnischem Freilandanbau gibt, freue ich mich und zahle gerne einen höheren Preis, aber wo die halbvergammelte Schlabberware während dem langen Winter herkommt ist mir ziemlich egal.

Im übrigen haben die hiesigen Kleinunternehmer auch keine Hemmungen, russische Wanderarbeiter zum Hungerlohn und auf eigenes Risiko Beeren und Pilze pflücken zu lassen.
Nordlicht hat geschrieben: Kleinproduzenten haben es in Finnland immer schwerer ihre Produkte an den Markt zu bekommen. Bei den Kleinbäckereien ist der Niedergang seit Jahren schon besonders dramatisch.
Apropos, ich habe seit ich hier lebe noch keine einzige Kleinbäckerei gesehen. Wo verstecken die sich eigentlich im Umkreis Helsinki?

Meines Wissens gibt es auch in Deutschland einen starken Rückgang an kleinen Bäckereien. Vielfach gibt es schlicht keine Erben, die sich die mühsame Arbeit und das Unternehmerrisiko für ein Minimaleinkommen aufhalsen wollen.
Nordlicht hat geschrieben: Du merkst vielleicht, auf was ich hinaus will. Mir geht es nicht in erster Linie um Fazer, Valio und Ingman (Ingman hat eben erst Teile an Arla verkauft), sondern mehr um die kleinen und mittelgroßen Produzenten und Verarbeiter. Oder haben die im EU-Rationalisierungssystem keinen Platz?
Die EU bevorzugt sicher große Produzenten, aber das Hauptproblem ist letztendlich, dass kleine Unternehmen preislich nicht mit großen Multis konkurrieren können, egal ob die aus der EU oder nicht kommen.

Verfasst: Di Jan 23, 2007 11:17 pm
von roelli
fax hat geschrieben: Apropos, ich habe seit ich hier lebe noch keine einzige Kleinbäckerei gesehen. Wo verstecken die sich eigentlich im Umkreis Helsinki?
Ab Haustür 800 m, zwar nicht unbedingt mit einer dt. Bäckerei vergleichbar. Gute Brötchen, gute Pfannkuchen etc.
Vor allem der Pfannkuchen frischer und 40 cent billiger, als wie bei S-Market (1€). Mit Kuchen und Kondiwaren sieht es allerdings dünn aus.
Meines Wissens gibt es auch in Deutschland einen starken Rückgang an kleinen Bäckereien. Vielfach gibt es schlicht keine Erben, die sich die mühsame Arbeit und das Unternehmerrisiko für ein Minimaleinkommen aufhalsen wollen.
Wenn sich die Familien mehr oder weniger auflösen, das Handwerk in D ständig unter "beschuss" steht, ist doch klar das sich sowas auflöst. Zumal sich diese ganzen Kleinbetriebe, so sie den Umsatz haben wollen, in Einkaufszentren einmieten müssen, früher hat die Imobilie doch auch meist dazu gehört.

Richard Sennett hat das mal in "Der flexible Mensch" an einer Bäckerei in Bosten gut beschrieben.

Verfasst: Mi Jan 24, 2007 8:13 am
von Sid
Ich glaube Finnland hat nicht unbedigt die Kultur von kleinen Familienunternehmen, wenn so vieles in der Staatshand lag, vom Staat bezuschusst wurde/ist (womit man sich saftige Strafen der EU -- zu recht -- wie Valio einhandelt). In Porvoo gibt es eine vergleichbare Bäckerei, die nur verstaubte Regale anbieten, sofern man nix geordert hat. In Helsinki ist Krullas auf Freedrikinkatu der Spitzenmeister der Konditorenkunst, aber er ist ja auch Österreicher :)

Die langen Anfahrtswege der zentralisierten Ketten sind auch nicht gerade günstig (umweltmässig gesehen) und vor allem liefern keine Qualitätsware ab. Es war ein Genuss als mich letztes Wochenende die Bäckerin gefragt hat, ob ich lauwarme Brötchen direkt vom Blech noch möchte (statt die aus der Plastiktüte :twisted: ).

Zum Gemüse stehe ich genauso, im Sommer ja -- auch wenn es teurer is, dennoch mit Billigkräften hergestellt, allerdings mit dem blau-weissen Doppelblatt und da zahlen doch alle für. Im Winter - ein absolutes NEIN von mir. Blasse, vergammelte Tomaten für 6 Euro? Die schmecken dann genauso fad wie holländische. Dann muss man halt die spanischen alternativen in Anspruch nehmen, auch wenn sie nicht optimal sind.

Re: Berechtigte Frage!

Verfasst: Mi Jan 24, 2007 4:04 pm
von Sid
Nordlicht hat geschrieben: Solche zementierte Provisorien gibt es in diesem Land auch weitere, beispielsweise die Kfz-Steuer/Ajoneuvovero.
Heute auch Thema in Hesari.

Desweiteren die Anzahl der Urlaubstage, die Samstage miteinschliessen, obwohl das ein Relikt der Vergangenheit ist und dient lediglich dazu, den Wohlfahrtsstaat interational im guten Licht erscheinen zu lassen, denn damit gehören wir zu den Ländern mit der grosszügigsten Anzahl der Urlaubstage, nicht wahr? Darunter verstecken sich magere 25 Tage.

Ferner noch die von Kela in Stein geritzte Tarife für Arztleistungen. Da kann man nur höhnisch lachen. Festgelegt in 1917 oder wie?

Eine Volksverdummung schlechthin, und am schlimmsten - jeder nimmt es einfach so hin. Originalton meine Finnische Freundin "Sag Finnen, dass sie ab morgen 110% Steuern zahlen müssen, dann nicken sie und weiter geht's". :twisted: