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Verfasst: Di Jan 30, 2007 6:39 pm
von Georg
Ohne hier jetzt auf irgendwelche unwesentlichen Details eingehen zu wollen, wie andere Vorteile des finnischen Sozialstaates betreffend z.B. den kostenlosen Transport mittelloser Personen zum Terveyskeskus und deren Gebührenbefreiung dort:

Im Bericht des Hesari über diesen OECD-Rapport wurde als ein massiver Grund für die Schwierigkeiten der Ärztemangel angegeben. Desweiteren erwähnt der Rapport selber die weiten Entfernungen. Den finanziellen Aspekt hat die OECD, soweit ich es verfolgt habe, vorsichtshalber gar nicht diskutiert.

Ein jeder, der denken kann und will, möge jetzt bitte selber die Gründe dafür finden. Sie werden kaum bei der jeweiligen Gemeinde liegen.

OECD-Bericht

Verfasst: Di Jan 30, 2007 8:37 pm
von Nordlicht
Georg hat geschrieben:Ein jeder, der denken kann und will, möge jetzt bitte selber die Gründe dafür finden.
Die Gründe für was? Den Ärztemangel?

Die OECD zeigt in ihren Länderberichten von einer neutralen Warte aus verbessernswerte Dinge auf und gibt Empfehlungen, welche für die angesprochenen Länder unverbindlich sind. Mit ihrer Mitgliedschaft bekunden die der OECD angeschlossenen Länder ihr ausgesprochenes Interesse an diesen Berichten.

Aus dem Leitbild der OECD:
The OECD plays a prominent role in fostering good governance in the public service and in corporate activity. It helps governments to ensure the responsiveness of key economic areas with sectoral monitoring. By deciphering emerging issues and identifying policies that work, it helps policy-makers adopt strategic orientations. It is well known for its individual country surveys and reviews .

Die OECD versteht sich also als Mit- und nicht als Gegenspieler.

Verfasst: Di Jan 30, 2007 9:06 pm
von Sandra
^kopfkratz^ passt zwar nicht zum Thema Zahnprobleme, aber vielleicht ist mein Posting hier dennoch richtig....

Und zwar - ich war in Deutschland wegen Migräne in Behandlung, sprich hab hab Triptane verschrieben bekommen...

Weiss jemand, ob man da ein Terveyskeskus oder ein Privatarzt vorziehen sollte? Und wie funktioniert das? Anmelden, Termin, Vorsprechen, Rezept? Muss man das Rezept komplett alleine bezahlen oder kriegt man Zuschuesse?? Fragen ueber Fragen....aber ich hab keine Ahnung, und mein Schatz ist nicht grad ne grosse Hilfe bei dem Thema weil er eh nie zum Arzt geht.... :roll:

Verfasst: Di Jan 30, 2007 9:18 pm
von Georg
Auch am Ärztemangel, aber ich meinte die ganze Situation. Die Studie der OECD kann man per se sicherlich auch nicht als unbegründet abtun, es geht jedoch - leider - auch um die Finanzierung des ganzen Betriebes.

Die Zahnarztfrage lasse ich hier mal ganz aussen vor, weil da alles, auch auf privater Seite, danebengelaufen ist.

Prinzipiell gilt, dass man wissen muss, was man will. Man kann auf der einen Seite einen Hausarzt fordern, der ständig für einen da ist, der einen für jedes etwas größere Wehwehchen an einen Facharzt weiterverweist und der ein Röntgengerät und ein CT herumstehen hat, mit dem er eigentlich gar nicht umgehen kann (weil es dafür - mit sehr gutem Grund - einen eigenen Facharzt, den Radiologen, gibt). Und dann kann man sich dann über die hohen Krankenkassenbeiträge beschweren.
Auf der anderen Seite kann man natürlich darüber prima meckern, dass man nicht wegen jedem bischen an einen Facharzt verwiesen wird, beim Arzt dann auch warten muss und dass man eine weite Anreise zum Arzt hat. Den Besuch beim Gynäkologen möchte ich hier bewusst ausklammern.

Es geht aber letztenendes darum, was denn bezahlbar ist.

Nun ist es natürlich subjektiv einzusehen, dass jemand unzufrieden ist, wenn man es erst mal 50km bis ins nächste TK hat und dann noch warten muss. Man muss sich aber auch im Klaren sein, dass man in Finnland wohnt, ein Land, das flächenmässig fast so groß ist wie Deutschland, aber nur 1/16 der Bevölkerung hat. Es kann also gar nicht sein, dass die Versorgung in Finnland genauso gut ist für alle Einwohner wie in anderen OECD-Ländern, außer man ist bereit umzuziehen deswegen. Es ist nicht bezahlbar, dass in einem Kaff mit 500 Einwohnern ein Arzt sitzt, nur weil der nächste 25km entfernt wäre sonst. Diesen Aspekt hat, nach dem was ich gelesen habe, die OECD nicht berücksichtigt.

Und selbst in einem so dicht bevölkerten Land wie Deutschland ist es nicht bezahlbar und nicht sinnvoll, eine so große Dichte von Röntgengeräten, CT und Ultraschall bei Hausärzten zu unterhalten. Das braucht man nicht, und die Hausärzte können in den meisten Fällen nicht wirklich damit umgehen. Und die ausführlichen Untersuchungen alleine sorgen nicht für eine Gesundung.

Ich sehe ein, dass das ein emotional geladenes Thema ist. Schlussendlich geht es jedoch einfach ums Geld. Entweder man ist bereit hohe Summen an Sozialabgaben zu bezahlen, oder man akzeptiert gewisse, durchaus lästige, Einschränkungen.

Verfasst: Di Jan 30, 2007 9:54 pm
von fax
Sandra hat geschrieben:Und zwar - ich war in Deutschland wegen Migräne in Behandlung, sprich hab hab Triptane verschrieben bekommen...

Weiss jemand, ob man da ein Terveyskeskus oder ein Privatarzt vorziehen sollte?
Die Ärzte im Terveyskeskus und in der Klinik arbeiten oft zusätzlich noch privat, d.h. die Qualifikation der Ärzte unterscheidet sich nicht.
Sandra hat geschrieben:Und wie funktioniert das? Anmelden, Termin, Vorsprechen, Rezept?
Sowohl privat wie Terveyskeskus ruft man am besten an und lässt sich einen Termin geben. Falls es akut ist, kann man natürlich auch persönlich vorsprechen.
Sandra hat geschrieben:Muss man das Rezept komplett alleine bezahlen oder kriegt man Zuschuesse??
Das kommt auf das Medikament an. Der Arzt kann das genau sagen. Es macht keinen Unterschied, ob ein öffentlicher oder privater Arzt es verschreibt.
Sandra hat geschrieben:Fragen ueber Fragen....aber ich hab keine Ahnung, und mein Schatz ist nicht grad ne grosse Hilfe bei dem Thema weil er eh nie zum Arzt geht.... :roll:
Das ist die beste Methode, gesund zu bleiben. :-)

OECD-Bericht zum Gesundheitsfürsorgewesen Finnlands

Verfasst: Mi Jan 31, 2007 9:59 am
von Nordlicht
@Georg

Hier handelt es sich wohl um einen Nachfolgebericht zum (kostenpflichtigen) Großbericht OECD Reviews of Health Systems – Finland (2005). In diesem wurde dem Gesundheitsfürsorgesystem Finnlands ein allgemein gutes Zeugnis ausgestellt (Overall, the Finnish health system performs well). Zusammenfassung (En): http://www.oecd.org/dataoecd/40/57/35817834.pdf .

Schon damals wurde jedoch bemängelt, dass beim Zugang zum von der öffentlichen Hand (mit)finanzierten Gesundheitsfürsorgeangebot ziemliche Ungleichheiten bestehen. Bevölkerungsgruppen wie z.B. die Rentner, eine immer größer werdende Gruppe von Teilzeitarbeitenden und Selbständigerwerbenden können nicht wie Arbeitnehmer/innen im Festanstellungsverhältnis in ein privatwirtschaftliches medizinisches Zentrum gehen, sondern sind auf die kommunalen medizinischen Zentren angewiesen. Dieses kommunale Versorgungsnetz ist unterdessen der Gefahr ausgesetzt zu erodieren (alle Welt will ja Steuererleichterungen). Somit wird die medizinische Versorgung für gut Situierte und und Festangestellte zum Privilegium. In den finnischen Medien habe ich nicht feststellen können, dass dies in Abrede gestellt wird.

Im weiteren wird im Bericht auf lange Wartezeiten hingewiesen. Für die (routinemäßige) Behandlung z.B. von Grauem Star kann die Wartezeit je nach Wohnort über zwei Jahre betragen.

Zum Vergleich: ein/e fest Angestellte/r erhält den Gesundheitsfürsorgedienst mit dem Anstellungsverhältnis als fringe benefit ”kostenlos”, wohingegen z.B. ein Freelancer, der zu Hause arbeitet, um denselben Service zu bekommen, dem privaten medizinischen Zentrum erst einmal ca. 360 Euro bezahlen muss, nur um dabei zu sein. Damit hat er noch keinen Arzt konsultieren können. Ein Arzthonorar muss er separat bezahlen, und zwar voll. Eine Rückerstattung von Kela erfolgt erst im Folgejahr auf Antrag. Deshalb verzichten viele alleinverdienende Selbständigerwerbende aus Kostengründen auf einen solchen privaten Gesundheitsfürsorgedienst und wenden sich bei Bedarf an das kommunale medizinische Zentrum. Mit der Einstellung von Gehaltsempfängern wird die Anmeldung bei einem medizinischen Zentrum jedoch obligatorisch.

Verfasst: Mi Jan 31, 2007 10:23 am
von Anita
Georg hat geschrieben: Ich sehe ein, dass das ein emotional geladenes Thema ist. Schlussendlich geht es jedoch einfach ums Geld. Entweder man ist bereit hohe Summen an Sozialabgaben zu bezahlen, oder man akzeptiert gewisse, durchaus lästige, Einschränkungen.
Es ist schon logisch, dass das Geld irgendwo herkommen muss und es tun sich ja auch gewisse Einsparungspotentiale auf.
In Tampere werden z.B. die Gesundheitszentren im Sommer fuer 6 Wochen in einigen Vororten einfach geschlossen um Kosten zu sparen. Das ist dann besonders prickelnd fuer die älteren Leutchen, wenn sie sich bis in die Stadt schleppen muessen.
Mit Ueberweisungen und Einweisungen wird generell gegeizt, auch wenn es manchmal sinnvoller wäre gezielt zu untersuchen, als die Schmerzmittel und Antibiotikapalette durchzugehen. (Aussage einer terveydenhoitaja, der ich eine gewisse Sachkenntnis nicht absprechen möchte!).
Meine Kollegin hat nach einer OP vier Tage auf dem Gang gelegen (Vorhänge waren angebracht!), weil keine Betten frei waren. Ich habe mich krumm und schief gelacht, sie fand es eher lästig.
Es lässt sich sicher auch einiges einsparen, indem Blutproben zur weiteren Auswertung an preiswertere Grosslabors nach Mitteleuropa geschickt werden. Finnland schickt seine Proben ueberwiegend nach D und SE. Man könnte auch die Röntgenbilder nach Indien zur Auswertung schicken, um einzusparen. England macht es uns vor!
Ich habe vor einigen Tagen zum ersten Mal in den Nachrichten davon gehört. Die schwedischen und deutschen Grosslabors sind doch sicher auch nicht so billig. Aber anscheinend immer noch guenstiger als ein finnisches Labor. Ich habe mich darueber gewundert.

Verfasst: Mi Jan 31, 2007 1:39 pm
von Katja
Selbst wenn man theoretisch gut versorgt sein sollte, heisst das noch lange nicht, dass man es wirklich ist.

Meine Schwiegermutter in Lauerstellung hatte vor einem Jahr einen Tumor im Bauchraum, der zu einem Darmverschluss gefuehrt hat.
Sie dachte, dass sie bei ihrer Privatärztin in besten Händen ist. Die hat zur Abklärung der Symptomatik 'starke Schmerzen, kein Stuhlgang, aber Erbrechen brauner Fluessigkeit' den Bauch abgetastet und eine Umfangsvernehrung gefunden. Herzlichen Glueckwunsch, sie war auf dem richtigen Weg!!!

Weitergehende Untersuchung war dann eine Blutprobe (damit kann man jeden Patienten erstmal ruhigstellen). Und das war's. Blutwerte ok, das kann nichts Ernstes sein. Ausserdem lässt sich so eine Blutprobe auch immer gut abrechnen und sollte schon bei Betreten des Sprechzimmers genommen werden. Ultraschall und Röntgen sind einfach zu zeitaufwendig, oder vielleicht auch zu schwierig zu bedienen?!
Die Mutter meines Freundes wurde mit der Diagnose 'Verstopfung und Anstellerei', einem Schmerzmittel, einem Abfuehrmittel und einem freundlichen 'das wird schon' ins Wochenende entlassen.
Als Hund beim Tierarzt wäre sie wohl besser dran gewesen.

Als nach sechs Stunden alles noch schlimmer wurde, war natuerlich niemand mehr erreichbar.
Eine entfernt verwandte finnische Ärztin wurde angerufen, Antwort: bis Montag mal abwarten.
:x
Wir haben sie dann (natuerlich gegen ihren Willen, denn die Ärztin weiss schon, was sie tut!) ins Gesundheitszentrum geschafft. Von dort gab's die direkte Ueberweisung ins Krankenhaus, wo man durch sofortiges Abpumpen von Magen- und Darminhalt den bevorstehenden Darmdurchbruch verhindern konnte. :x

Ich habe eins gelernt: privat ist nicht gleich gut!

Abgesehen davon, dass diese Ärztin einen Kunstfehler gemacht hat (Laxans bei Darmverschluss kann Durchbruch hervorrufen!), hat sie nicht gesagt, wie zu verfahren ist, falls ihre Wunderbehandlung nicht funktioniert. Es hat sie einfach NICHT INTERESSIERT!!! :eusa_wall

Es liegt nicht immer am Geld! Es gibt nicht genug Ärzte hier in Finnland, deshalb haben auch die grössten Idioten vor dem Herrn einen Job und werden auf die Menschheit losgelassen!!! Man ist ihnen ausgeliefert.

Ich hoffe, dass dies nur ein Einzelfall war.
Trotzdem: Krank werden besser in Deutschland! Und: Traue keinem im weissen Kittel!

So. Das war auch emotionsgeladen... Sorry.

Öffentliche Zahnpflege ist überfordert

Verfasst: Fr Feb 02, 2007 1:39 pm
von Nordlicht
Betr.: Öffentliche Zahnpflege ist überfordert

Im Gratisanzeiger Helsingin Uutiset v. 2.2.2007 nimmt Seija Hiekkanen, leitende Zahnärztin in der Gesundheitsfürsorge der Stadt Helsinki Stellung zur Situation in der öffentlich zugänglichen Zahnpflege Helsinkis Stellung:

http://194.188.93.116/cgi-bin/mediaweb10
Der Leserbrief ist auf Seite 4 der Faksimileausgabe.

Zusammengefasst:
Die Zahnpflege der Stadt Helsinki kann den gesetzlichen Bestimmungen nicht nachkommen (dies auch die Überschrift des Leserbriefs). Nichtdringliche Patienten müssten nach Gesetz (hoitotakuu/Behandlungsgarantie) innerhalb von sechs Monaten nach der ersten Konsultation behandelt werden. Von 11 767 Patienten auf der Behandlungswarteliste war am Stichtag 29.1. für 8 347 nichtdringliche diese Frist abgelaufen.

Die Einsenderin sieht keine baldige Änderung der Situation und schreibt, dass alle größeren Städte des Landes mit dem gleichen Problem konfrontiert sind.

Verfasst: Sa Feb 03, 2007 9:01 pm
von Sid
Wieso muss man sich hier über Emotionales entschuldigen? Liegt mir fern.

@Nordlicht, genau diesen Bericht hatte ich in Erinnerung. Ich teile Deine Meinung, dass es nur dem Land zugute kommen kann, wenn die Fakten von einer unabhängigen Orga wie OECD unbeschönigt ausgesprochen werden, zumal auch sehr viel Positives erwähnt worden ist.

* * *

@Katja, natürlich ist ein Privatarzt nicht gleich gute Leistung. Unsere erste Firmenärztin hat Diagnosen ergoogelt (ist wahr :lol: ) und mir sofort Cortison verabreichen, obwohl ich kein Asthma habe. Ich habe auf einer Überweisung zum Fachlungenarzt bestanden und es war nicht notwendig

* * *

@Anita, hatte im TK (bzw. im Notdienst des KH auch nie was anderes bekommen als Burana oder Antibiotika). An der Qualifikation zweifle ich nicht, sondern nur über die Überarbeitung der Ärzte bei der "Abfertigung", denn so hab ich mich nach 5-6 Std. Wartezeit gefühlt.

* * *

Wieso stehen wohl die Gesundheitsthemen ständig in der Presse, wieso hört man all die Horrorgeschichten über Ablehnungen, über Zusatzkosten, über Wartezeiten und Ärztemangel?

Mag sein, dass Finnen selbstloser auf die Gesellschaft bezogen denken. Deutschen fällt es schwer. Lediglich ärgern mich die Lobeshymnen, dass es doch alles umsonst sei, während die Realität ganz anders aussieht. Wieso wirbt der TK-Zahnarzt für seine Privatpraxis, weil er nur einen TK-Termin in weiteren vier Monaten vergeben kann.

Vielleicht kann nicht jeder Otto Normalverbraucher auf ach so hohem akademischen Niveau die sozialpolitischen Aspekte der Finanzierung und die Gründe der Ärztemängel analysieren - die Menschen interessiert was unterm Strich rauskommt, und zwar, dass sie in diversen Fällen eine Mindestversorgung erhalten wenn überhaupt und ggf. wegen der Wartezeiten/Ablehnungen auf private Ärzte zugreifen müssen oder auf Behandlungen verzichten - das ist ein finanzieller Aspekt.

Ein Wohlfahrtstaat wird in einen Satz mit den USA gepackt. Wenn das nix heisst. Es ist Fakt, dass die Firmenversicherungen einfach nicht zu übertreffen sind, wie von vielen hier bereits angesprochen. Wenn es immer nur auf den Mangel an Ärzten geschoben wird, davon wird auch niemand gesünder. Schliesslich liess Finnland so viele qualifizierte Kräfte ins Ausland gehen und zu den Hauptbewegungsgründen gehörte nicht nur Selbstverwirklichung, sondern der finanzielle Aspekt.

Verfasst: Sa Feb 03, 2007 9:22 pm
von Georg
Wir fassen die Diskussion zusammen:

- aus den hier vorgebrachten Argumenten folgernd hat Finnland offensichtlich eine der höchsten Sterblichkeitsraten in der westlichen Welt.

- Wenn man in Finnland krank ist und auf öffentliche Versorgung angewiesen ist, ist man so gut wie tot.

- Die OP-Schlangen sind natürlich auch nur länger geworden und sind nur da, um die Zahl der notwendigen Operationen durch vorzeitigen Tod zu senken.

- Bei Stakes, Finnohta usw. arbeiten nur Volltrottel, die keine Ahnung von nichts haben.

[Sarkasmus/]

Offensichtlich wissen alle über das Gesundheitswesen besser bescheid, als die Leute, die sich damit beschäftigen.
Ich meinte deutlich geäußert zu haben, dass NICHT alles in Butter ist im Gesundheitswesen hierzulande, aber das die Endergebnisse stimmen. Es ist auch wirklich prima zu meckern, ohne Alternativen aufzeigen zu müssen. Wenn man sich entschieden hat, die Fakten zu ignorieren, dann viel Spaß dabei. Das Thema ist für mich hier jetzt jedenfalls durch.

Verfasst: Sa Feb 03, 2007 9:36 pm
von Anita
Sid hat geschrieben:An der Qualifikation zweifle ich nicht, sondern nur über die Überarbeitung der Ärzte bei der "Abfertigung", denn so hab ich mich nach 5-6 Std. Wartezeit gefühlt.

* * *

Mag sein, dass Finnen selbstloser auf die Gesellschaft bezogen denken.
Da ich mich seit Wochen mit einem Husten herumschlage und es beim Atmen rasselt, war ich am Donnerstag bei meinem Omalääkäri. Der hat abgehört, Verdacht auf Lungenentzuendung und dann sofort in die Päivystysasema zum Röntgen und Blutabnahme. Da hatte ich dann ca. 5 Stunden Zeit um mir das Geschehen dort in Ruhe anschauen zu können.
Es war relativ viel Betrieb und die sonst so lieben und ruhigen Finnen haben sich lautstark und kräftig bei der Dame von der Rezeption beschwert ueber die extrem langen Wartezeiten. Die tat mir dann schon richtig leid, weil sie kann ja nichts dafuer. Auch die Finnen haben ihre Schmerzgrenze beim selbstlosen auf die Gesellschaft bezogenem Denken!

Ich war dann genau 2 Minuten bei der Ärztin. Die hat mir dann das Rezept und den Krankenschein in die Hand gedrueckt und sich darueber aufgeregt, warum sie jetzt den Papierkram machen muss und mein Omalääkeri das nicht selber machen kann. Ich habe dann nur höflich auf die Ueberweisung hingewiesen auf der zu lesen war: "Jatkohoito päivystysasemalla". Die Ärztin war sichtlich gestresst und deshalb wohl auch sehr unfreundlich. Zu meinem gesundheitlichen Zustand hat es keine weiteren Erklärungen gegeben. Es ist eine "Abfertigung" und das ist wirklich nicht schön. Ansonsten ist es natuerlich sehr gut, dass alle Untersuchungen unter einem Dach gemacht werden und die Ergebnisse dem Arzt sofort zur Verfuegung stehen. Theoretisch ist das System gut, aber funktioniert wg. dem massiven Ärztemangel einfach nicht.

Verfasst: Sa Feb 03, 2007 9:43 pm
von Sid
Anita hat geschrieben:zum Röntgen und Blutabnahme. Da hatte ich dann ca. 5 Stunden Zeit um mir das Geschehen dort in Ruhe anschauen zu können.
DAFÜR 5 Stunden :shock: ?

Verfasst: Sa Feb 03, 2007 9:59 pm
von Anita
Da habe ich mich wohl etwas unverständlich ausgedrueckt. Das Röntgen und die Blutabnahme wurden sofort gemacht, aber ich habe dann 5 Stunden gewartet bis die Ärztin mich aufgerufen hat.
Es kommen ja auch andauernd Notfälle herein, die verständlicherweise Priorität haben. Verstehe ich auch alles, aber es muessen einfach mehr Ärzte auf unsere Päivystysasema. Die Wartezeiten liegen immer in diesem Rahmen und am Wochenende ist es noch schlimmer. Eine finnische Freundin hat ein halbes Jahr bei der Notaufnahme in Tampere gearbeitet. Ärzte und Krankenschwestern stehen wirklich unter Dauerstress.
Ich möchte auch noch etwas zu meinem vorherigen Kommentar anmerken. Das Gesundheitswesen funktioniert natuerlich auch in Finnland, aber der Patient muss sehr viele Einschränkungen und Unbequemlichkeiten in Kauf nehmen. Fuer mich persönlich zu viele!

Verfasst: So Feb 04, 2007 9:37 am
von Sid
Wer unterm Dauerstress steht, macht Fehler. Kann man das in diesem Beruf verantworten?

Noch mal, ich bezweifle nicht, was dahinter steckt, wenn man sich mit der Finanzierung und die Einschränkungen des Systems befasst, ich bezweifle allerdings die Rechtfertigung der Aktionen wie:

:evil: ein Patient nach der Bypass OP muss 40 km mit dem Taxi zum KH beim Schwächeanfall, weil keine Ambulanz bewilligt wird (keinen Cent davon wiedergesehen)
:evil: ein Bypass Patient (ein anderer) wird jeden zweiten Tag zum Kela Office zitiert, wo er einzeln für die Kostenerstattung jedes Medikaments kämpfen muss (ganz sicher ist ihm danach), denn die Apo sagt Nolla Euroa
:evil: eine ältere Dame mit höllischen Rückenproblemen wird zum Kuntotest zitiert (Laufband, Fahrrad, wieso nicht gleich kopfstand), Wartezeiten auf notwendige OP fast aussichtlos
:evil: Patient mit ernster Sportverletzung (Arm komplett unbeweglich, Rotatorenmanschette) wird abgelehnt, da mit 43 Jahren "zu alt" (wörtlich!). Zahlt folglich eine 5.000 Euro OP selbst (Gott sei dank die privat Freizeitversicherung)
:evil: ausländischer Patient bekommt keine Knie OP trotz massiver Probleme, da sie eine OP nicht rechtfertigen. Nach Jahren kann er kaum gehen, da wird es abgelehnt, weil er sich nicht rechtzeitig drum gekümmert hat und nun ist es zu spät
:evil: Privatpatientin (Arbeitsunfall) liegt 3 Wochen auf 8-Personen Zi. wo's zugeht wie aufm Jahrmarkt.
:evil: 5-6 Std. Wartezeit bei Notfällen, und fast alle anderen marschieren an einem Vorbei, da mit Kind oder alt
:evil: Krankenschwester behandelt Krankheiten am Telefon - Burana und Finrexin ist ein Allheilmittel
:evil: 14 Monate Wartezeit zum Zahnarzt

Also einfach die egoistischen Gründe. Nicht mehr und nicht weniger. Sicher bin einfach nur zu ungebildet, um mir mit Engelsgeduld diese Lazarettzustände zu erklären :eusa_think Ich bin durchaus für höhere Beiträge, wenn sein muss. Dann weiss ich was auf mich zukommt. Mit einer unvorhersehbarer Krankheit und solchen Rechnungen, leider nicht.