Gehört jetzt vielleicht nicht ganz hierhin, will aber einfach mal meinem Ärger Luft machen:
roelli hat geschrieben:Es ging mir mehr, um die generell immer angeführte Integrationsvorrausetzung Sprache, die sicher der wichtigste Baustein ist, aber eben wohl nicht alles.
Das möcht ich doch wohl auch mal meinen! Gerade in Finnland (und
das ist eine der wenigen Sachen, die mich wirklich stören
) wird das Sprachproblem als Integrationsproblem immer stark überdramatisiert. Ich weiß nicht, ob es nun daran liegt, dass die Finnen aufgrund des geringen Ausländeranteils einfach nicht daran gewöhnt sind, dass auch ausländische Mitbürger Finnisch sprechen, oder dass sie so eingebildet sind, dass sie denken, ihre Sprache sei ja so "schwer und unbegreiflich", dass sie sowieso niemand anders sprechen und verstehen könne außer sie selbst (oder beides), aber Finnisch ist verdammt noch mal einfach nur eine Sprache wie alle anderen auch, und genauso kann man sie eben mit Fleiß und Interesse (nahezu) perfekt lernen wie alle anderen Sprachen auch!
Und was das Ganze für mich noch paradoxer macht: Gerade die Finnen selbst können doch fast alle perfekt Englisch, und dazu noch gut Schwedisch bzw. evtl. Spanisch/Französisch/Deutsch/Russisch. Bilden sie sich vielleicht ein, dass sie im Fremdsprachenlernen besser sind als andere? (Das ist jetzt sehr verallgemeinert, aber ich weiß nicht…)
Ich will jetzt nicht angeben, aber ich bin froh, dass ich inzwischen wirklich gut Finnisch kann, und nicht jeder gleich nach drei Sätzen merkt, dass ich ein Ausländer bin. Ich hab nämlich langsam echt die Schnauze voll davon, jedem gleich so ungefähr meine halbe Lebensgeschichte erzählen zu müssen, nur weil ich mich mit ihm mal ein paar Worte unterhalten wollte. Ich meine, wenn mich z.B. in Berlin ein Ausländer/Einwanderer
auf Deutsch höflich anspricht, dann antworte ich ihm doch auch nicht automatisch auf Englisch, nur weil er ein Ausländer ist und nicht perfekt Deutsch kann! Warum versuchen bitte schön Finnen in selbiger Situation auf einmal, die Konversation gekünstelt auf Englisch fortzuführen??? Ich finde so etwas sehr diskriminierend, denn damit signalisieren sie ja dem Einwanderer ziemlich drastisch, dass sie ihn überhaupt nicht integrieren wollen!
Wenn ich mich mit jemand Unbekanntem (und neue Leute trifft man an als Freiwilliger viele) nun etwas länger unterhalte, und der Gesprächspartner ja dann doch irgendwann merkt oder erfährt, dass ich nicht Finne bin, wird das jeweilige Gesprächsthema in der Regel sofort abgebrochen, und er will wissen, wie und wo ich so gut Finnisch gelernt hätte. Wenn ich dann manchmal antworte, dass das jetzt überhaupt nicht das Thema war, und ich darüber jetzt eigentlich auch nicht sprechen will, weil mir die ganze Sache echt zum Halse raushängt, dann reichen die Reaktionen von Verständnis (bei Jugendlichen und Frauen) über halb beleidigt sein (oft bei Männern) zu misstrauisch werden (alte Omis) und hartnäckig drauf rumhacken. Einmal hätte ich mich deswegen fast mit einem gestritten! Tut mir Leid, aber so was kann ich echt nicht nachvollziehen. Also wenn ich mich in Berlin mit einem Ausländer unterhalte, dann interessiert es mich jetzt eigentlich nicht so sehr, wie er Deutsch gelernt hat. Und wenn ich dann doch fragen sollte (natürlich nicht mitten im Thema!), und er aber abwinkt: Na ja, dann eben nicht, schließlich sprechen hier fast alle Deutsch! Berlin ist nun natürlich überhaupt nicht mit Finnland zu vergleichen, denn in Berlin gibt es mit 300000 Türkischstämmigen und noch 170000 Ausländern anderer Nationalitäten (darunter übrigens mein Vater, der natürlich auch fließend Deutsch spricht, nachdem 17 Jahre hier gelebt hat) dreimal soviel Ausländer wie in ganz Finnland, aber dass die Einstellung gegenüber Einwanderern so stark anders ist, hätte ich nicht gedacht! Für mich ist es eigentlich selbstverständlich, dass ein Einwanderer die jeweilige Landessprache erlernt.
Ach ja: Und wenn dann das Sprachthema einmal abgeschlossen ist, halten mich die meisten wahrscheinlich für irgendein Sprachgenie, und gucken mich wieder ganz verdutzt an, wenn ich ihn als Nächstes erzähle, dass ich Mathe studieren will, und nun nicht unbedingt ein Sprachgenie bin, sondern mich zwar schon für Sprachen interessiere (vor allem natürlich für Finnisch
), aber eine Sprache letzten Endes als ein Hilfsmittel ansehe, und z.B. in Russisch in der Schule mal so schlecht war, dass ich versetzungsgefährdet war, und auch mein Französisch ziemlich erbärmlich ist, obwohl ich das 6 Jahre hatte! Es wäre echt toll, wenn Einwanderer in Finnland von der Gesellschaft nicht immer nur primär an ihren Sprachkenntnissen gemessen werden würden!
Boah… das regt mich schon auf, wie sich manche Finnen auf ihre Sprache (vielleicht unterbewusst) was einbilden! Das waren jetzt natürlich die Negativ-Erlebnisse, die meisten sind ja total nett und verhalten sich völlig normal - kavereita ollaan! Aber so Manchen würde ich gern mal z.B. für ein Monat nach Berlin-Kreuzberg schicken. Danach weiß man, was Multikulkti ist, und stellt keine dummen Fragen mehr!