Deutsche in Finnland

Ich habe sehr lange überlegt, ob ich dieses Thema hier veröffentlichen soll, aber es erscheint mir doch nennenswert. Vielleicht hat schonmal jemand anders ähnliche Erfahrungen gemacht:

Für unser neues Mökki stellten wir einen offiziellen Bauantrag in Hämeenlinna, bei dem auch alle angrenzenten Nachbarn ihr Einverständnis geben sollten. Einer der Nachbarn, dem auch die zuführende Strasse gehört, lehnte seine Einwilligung mit folgender Begründung ab:

Er sehe nicht ein, daß ein Deutscher hier ein Haus baut. Er sei im Krieg von den Deutschen eingesperrt und nicht gut behandelt worden.

Sein Alter ist so 80 Jahre und er wohnt noch nicht mal dort, sondern etwa in 20 km Entfernung. Zum Glück, sicherlich gäbe es sonst in Zukunft noch mehr Ärger mit ihm. Jetzt hat die Bauinpektorin den Bauantrag per Einschreiben zu ihm geschickt, der Einlieferungsbeleg reicht angeblich, um die Genehmigung zu bekommen. Für uns ist es aber dennoch eine große Enttäuschung und mal wieder ein Beweis, daß wir Deutsche uns (fast) nirgends in der Welt mehr sehen lassen brauchen. Ich selbst bin 35 Jahre alt und natürlich waren auch meine Großväter im Krieg gegen den Rest der Welt.

Aber wie lange sollen wir noch dafür büßen ? Und wie sehen das die jüngeren Leute in Finnland, bisher dachte ich nur, daß sie gegen die Russen und gegen die Schweden etwas haben ?

Gruß
Gregor

So Leute laufen mir höchstens einmal in zehn Jahren über den Weg. Ist schade, aber was will man machen. Irgendwie kann ich das auch nachvollziehen. Jedenfalls kann es nicht schaden, sich das in Erinnerung zu rufen, wenn man selbst das nächste Mal über z.B. "die Russen" schimpft.

Ich selbst wurde von älteren Leuten freundlichst mit den aus dem Krieg gelernten Worten auf Deutsch begrüsst. Zum Glück haben einige Finnen gute Erfahrungen mit den Deutschen im Krieg gemacht. Die jüngeren Finnen grüssten hier gelegentlich zum Spass mit Heil Hitler(sobald sie erfahren haben das ich deutsche bin), finde ich persönlich nicht lustig und auf Nachfragen habe ich heraus gefunden das sie den damaligen Ernst der Lage nicht verstanden haben Sie haben sich dann aber entschuldigt.....

Hallo

ich glaube, da habt Ihr einfach unglaubliches Pech gehabt. Die meisten Finnen die ich hier kennengelernt haben, sind so armeebegeistert und wissen so viel von der Geschichte der deutschen Wehrmacht und schwärmen so von Autobahn, Bier und Co. dass es mir schon oft richtig peinlich war.

Dagegen kann ich irgendwie verstehen, dass man im Allgemeinen nicht so begeistert ist, wenn ringsherum nur noch Ausländer (vor allem Russen!!) die Mökkis "wegkaufen". Fremdes macht of Angst...

Sowas ist mir hier in Finnland auch noch nicht passiert. Im Gegenteil, es ist mir oft peinlich, wenn Leute von der deutschen Wehrmacht schwärmen. Das ist mir auch schon anderswo passiert, nicht nur hier im Norden.

Danke Leute,

das beruhigt mich, denn auch ich habe die letzten 10 Jahre nicht erlebt, daß man mich wegen der Wehmacht in irgendeine Ecke schiebt. Das blöde ist nur, daß genau diese 80 jährige Person der Eigentümer der Zufahrt (Straße) ist und ich eigentlich noch etwas Grundstück dazukaufen wollte. Das kann ich erstmal vergessen, ich hoffe seine Erben sind nicht so engstirnig

Zwischen 1940 und 1944 haben Finnen dankend Getreideanlieferungen und Waffen aus Deutschland entgegengenommen. In 1944 haben sie dann die Seite gewechselt. Russische Panzerkolonnien wurden mit Panzerfäusten aus Deutschland abgewehrt. Molotov-Coctails halfen nicht mehr, weil die Russen ihre Panzer hinsichtlich Ansaugluftsystem geändert hatten.

Vielleicht haben Deutsche einige finnische Kriegsgefangene schlecht behandelt, Russen wiederrum haben einige von denen hingerichtet....

Also ich habe schon alles erlebt. Zunächst muss ich sagen, dass die Mehrheit eigentlich doch recht freundlich ist, auch wenn viele Finnen eigentlich noch nicht kapiert haben, dass die Zuwanderung dem Land eher hilft als umgekehrt.
Nichts desto trotz, in der Zeit als Austausch-Student gab es in einer berüchtigten Stadt schon fast kritische Zwischenfälle. Ein Vorfall von zerstörten Autos von Studenten aus Deutschland (ich war nicht mit solchen in FIN) kann nicht eindeutig darauf zurück zu führen sein, aber es war wohl fremdenfreindlich.
Ich selbst habe eigentlich eher die Kateogorie erlebt mit den schon erwähnten jüngeren und dem tollen Gruss. Bei älteren kommt es wirklich darauf an.
Den Hammer habe ich aber von einer Kollegin gehört. Die wollte sich eine Wohnung kaufen und in der Hausregel steht drin, dass die Wohnung nicht an Ausländer verkauft werden kann / darf. Allerdings glaube ich, dass man dagegen sehr einfach Einspruch erheben kann. Das ist sicherlich heute mit EU usw. nicht mehr legitim. Aber man muss sich das mal überlegen. Aber wenn ich mich recht erinnere hat die gleiche Kollegin erzählt, dass es so was auch in der Schweiz gibt und damit sicherlich auch in Deutschland.

Wie auch immer ... ich kann mit den beschriebene Fall durchaus vorstellen und finde es traurig, aber es gibt Fakten mit denen muss man sich auseinander setzten und darf diese auch nicht immer persönlich nehmen.

Das mit dem Wohnungen nicht an Ausländer verkaufen dürfen beruht auf einem alten finnischen Gesetz, das bereits vor über 10 Jahren geändert wurde, im Zusammenhang mit dem Beitritt zur EU. Diese Regel steht noch in vielen Satzungen diverser Asunto Oy, ist juristisch aber völlig bedeutungslos.

Zum eigentlichen Thema: meine Frau, Finnin, hatte sich mal auf eine Stelle in Muonio beworben. Dort wurde händeringend eine Vertretung gesucht, für die sie die volle Qualifikation mitbrachte. Sie wurde nicht genommen, die Stelle blieb wohl unbesetzt. Meine Frau hat in Deutschland studiert, das war schon zuviel.

Ich hab dergleichen heftigst in Italien erlebt, als Tourist ist man ja willkommen, doch wenn man als Deutscher in Italien wohnen oder gar leben möchte ist es aus !
Es ging bis hin zu Morddrohungen, die richtig ernst gemeint waren - und das nur auf Grund der Herkunft - hatte nichts mit mir persönlich zu tun !

Hier in Finnland fuehre ich ein sehr entspannt-ruhiges Leben diesbezueglich und wenn ich nach Rovanniemi will, könnt ich auf Grund gutem italienisch den Italiener mimen (wenn die Italiener DAS wuesten)

Mit dem "Gruss" bei jungen Leuten hab ich auch so meine Probleme - immerhin ist es rein positiv gemeint !!!

vole04 hat geschrieben:Den Hammer habe ich aber von einer Kollegin gehört. Die wollte sich eine Wohnung kaufen und in der Hausregel steht drin, dass die Wohnung nicht an Ausländer verkauft werden kann / darf. Allerdings glaube ich, dass man dagegen sehr einfach Einspruch erheben kann.

Die Regel gibt es in unserer Asunto Oy auch. Die wurde halt 1971 dort reingeschrieben und seitdem nicht mehr geändert. Wie Georg gerade geschrieben hat, darum schert sich niemand und rechtlich durchsetzbar ist sie nicht mehr.

fax hat geschrieben:

vole04 hat geschrieben:Den Hammer habe ich aber von einer Kollegin gehört. Die wollte sich eine Wohnung kaufen und in der Hausregel steht drin, dass die Wohnung nicht an Ausländer verkauft werden kann / darf. Allerdings glaube ich, dass man dagegen sehr einfach Einspruch erheben kann.

Die Regel gibt es in unserer Asunto Oy auch. Die wurde halt 1971 dort reingeschrieben und seitdem nicht mehr geändert. Wie Georg gerade geschrieben hat, darum schert sich niemand und rechtlich durchsetzbar ist sie nicht mehr.

Finde ich aber nicht o.k. Mir war das mit dem rechtlichen schon klar, gehört aber verbannt.

Stefan hat geschrieben:Vermutlich ist es den Finnen zu mühselig, eine Gesellschafterversammlung zur Änderung der Satzung einzuberufen. Zu viel Arbeit, zu viel Papier, kostet Gebühren und wenn man den Passus eh ignoriert...

Bei mir steht der Satz sogar in der Urkunde für mein Reihenhaus *lach* Ist ja nur eine Seite, die sollte ich mir vielleicht doch an die Wand hängen *ei saa myydä ulkomaalaisille!!!"

Stefan hat geschrieben:Vermutlich ist es den Finnen zu mühselig, eine Gesellschafterversammlung zur Änderung der Satzung einzuberufen.

Eine Gesellschafterversammlung findet automatisch mind. 1 mal jährlich statt das ist also keine Begründung.
Es gibt aber eine relativ einfache Möglichkeit. Man kann in die Statuten aufnehmen, dass die Wohnung zuerst der Gesellschaft angeboten werden muss und dann kann die Gemeinschaft bestimmen wer die Wohnung erhält.

Ich sehe das ähnlich wie Stefan - wozu ändern, wenn es sowieso ungültig ist, und die Änderung nur Geld kostet. Bei uns steht das wohl auch noch drin, und der Vorsitzende der Asunto Oy sieht keinen Bedarf das zu ändern. Obwohl er Ausländer ist.