Deutsche in Finnland

Hallo liebes Forum!

Zum ersten Mal poste ich heute, aus gegebenem Anlass.

Mein Partner ist seit diesem Monat in Helsinki als Softwareentwickler tätig. Wir haben nun zumindest seinen Umzug über die Bühne gebracht und einen Alltag geschaffen, ich bin momentan auch in Helsinki, allerdings nur noch bis zum nächsten Montag, dann muss ich vorerst nach Deutschland zurück.

Nun stellt sich natürlich die Frage, wie ich es schaffen kann, selbst in Helsinki Fuss zu fassen, vor allem ohne die Sprache zu beherrschen.
Ich fürchte ich bin ein etwas kniffliger Fall, da mein berufliches Profil momentan etwas unscharf ist. Ich bin seit 2007 Diplom-Ingenieurin für Stadt- und Regionalplanung, habe aber nach dem Abschluss nur einige Monate in diesem Beruf gearbeitet und bin dann aufgrund der schwierigen Lage in der Branche nach Irland gegangen, wo ich (allerdings fachfremd) 10 Monate gearbeitet habe. Seit Anfang 2009 bin ich zurück in Deutschland und arbeite frei in verschiedenen Bereichen.
Ich hatte mir nun vorgenommen, im Oktober ein Masterstudium im Bereich Industriedesign/Interaction Design zu beginnen, um meinen Arbeitsbereich zu vergrössern und nun kam für meinen Partner das Angebot aus Finnland. Das wirft mich etwas in eine Entscheidungskrise, denn für den Studiengang wurden nach aufwendigem Bewerbungsverfahren nur 8 Studenten zugelassen und ich bin eine davon...ich möchte mir also gern erst eine eigene Perspektive schaffen, bevor ich Hals über Kopf mit nach Helsinki ziehe und alles andere aufgebe.

Wir sind Ende 20 / Anfang 30 und seit fast zehn Jahren zusammen und konnten seit dem Studienabschluss aus beruflichen Gründen nicht zusammen leben (da unterschiedliche Arbeitsorte) - wir wünschen uns natürlich sehr, dass das nach nun mehr als 2 Jahren bald ein Ende hat. Da seine Anstellung hier wohl längerfristig sein wird, möchte ich nun gern die Initiative ergreifen und ausloten, inwiefern ich hier Möglichkeiten habe, eine Anstellung zu finden. Nur WIE?

Sein Umzug etc. hat mit Relocation Service phantastisch funktioniert, allerdings bin ich leider weniger Teil dieses Paketes. Wir haben uns zwar erkundigt, aber letztendlich kam dabei nicht viel mehr heraus als eine Seite mit Onlinejobbörsen.
Da ich bisher nur sehr wenige Worte Finnisch beherrsche, komme ich an dieser Stelle nicht so gut weiter.

Mir hat heute ein Kollege meines Partners erzählt, dass es die Möglichkeit gibt, für mit einwandernde (Ehe?)Partner Sprachkursangebote in Vollzeit mit anschliessender Jobvermittlung wahrzunehmen, die wohl sogar staatlich finanziert und unterstützt werden. Das klingt für mich etwas zu schön um wahr zu sein, weiss jemand vielleicht mehr darüber?
Ich bin generell offen für andere Bereiche als Stadtplanung, bringe jede Menge organisatorische und gestalterische Skills mit - aber das auch noch ohne Finnischkenntnisse jemandem zu verkaufen, stelle ich mir schwierig vor.

Vielleicht kennt sich auch zufällig jemand im Bereich Stadtplanung / Architektur aus? Gibt es irgendeine Zentralität, in Form einer Kammer o.ä. wo man sich zumindest eine Liste von Büros organisieren könnte, um Initiativbewerbungen zu starten?


Ich bin für jeden Rat, guten Wunsch oder hilfreichen Gedanken dankbar!

Lost in Translation,
Judith

P.S. Ich freue mich auch sehr über Kontakte im Raum Helsinki! Mal auf einen Kaffee oder einen Spaziergang? Ich bin dabei.

Hallo juxxi,

wo die Liebe einen so hinfuehrt .. so fing's auch bei mir an

Eigentlich hast du doch eine ganze Reihe von Möglichkeiten (gerade wegen deines "unscharfen" Berufsprofils):

Seit Anfang 2009 bin ich zurück in Deutschland und arbeite frei in verschiedenen Bereichen.

Was sind das fuer Bereiche? Könntest du evtl. in Finnland damit fortsetzen (Fernarbeit oder was Neues in Fi aufbauen)? Die Jobsuche ist hier nicht unbedingt leicht, schon gar nicht, wenn man die Sprache nicht beherrscht (da hängt dann viel vom Gleuck ab). Mit freiberuflichen Tätigkeiten oder Selbständigkeit kommt man dagegen oft weiter (so zumindest meine persönliche Erfahrung).

Ich hatte mir nun vorgenommen, im Oktober ein Masterstudium im Bereich Industriedesign/Interaction Design zu beginnen ..

Wäre es möglich, das in Deutschland anzufangen und dann nach Finnland zu wechseln? Ich wuerde mal das Angebot der Uni in Helsinki durchforsten - die haben doch bestimmt etwas Ähnliches. http://www.helsinki.fi/university/index.html

Sprachkursangebote in Vollzeit mit anschliessender Jobvermittlung wahrzunehmen, die wohl sogar staatlich finanziert und unterstützt werden.

Es gibt hier den MAMU-Kurs, einen Intensivkurs fuer arbeitslose Einwanderer. Darueber ist hier auch im Forum schon einiges geschrieben worden, du findest sicherlich ueber die Suchfunktion mehr Infos. Auskunft gibt auch das finnische Arbeitsamt, http://www.mol.fi/mol/en/index.jsp Wie effektiv die anschliessende Jobvermittlung ist, sei dahingestellt ^^

Vielleicht kennt sich auch zufällig jemand im Bereich Stadtplanung / Architektur aus?

Im Bereich Architektur/Stadtplanung kenne ich mich nicht aus. Aber zumindest wenn man "arkkitehtitoimisto helsinki" in google eingibt, springt einem eine ziemlich lange Liste mit Architektenbueros entgegen. Warum nicht mal anrufen und fragen? Oder besser noch: Persönlich vorbeischauen, solange du jetzt noch in HEL bist? Die Frage ist halt auch, wie wichtig denen Sprachkenntnisse sind. Das wäre evtl. gut, gleich am Anfang mal abzuklären, bevor du dir unnötig viel Arbeit und Hoffnungen mit Blindbewerbungen machst.

LG, poro

Hallo!

Vielen Dank schon einmal für die Antwort!

Das hilft mir schon ein Stückchen weiter, ich werde mal Kontakt zu ein paar Büros aufnehmen und die Lage prüfen.
Die Idee, das Studium in Deutschland zu beginnen und in Helsinki evtl. fortzusetzen, hatte ich so noch gar nicht, das schau ich mir mal an, vielen Dank für die Idee.

Meine bisherige Freiberuflichkeit gibt noch nicht allzuviel her (leider) - bisher war es eher ein sich-Durchschlagen. Man könnte auch sagen, ich habe alles gemacht, was sich geboten hat. Von der Bürohilfe bis zur Rahmenplanungskonzeption.
Leider nichts, was sich nahtlos in Finnland fortführen liesse. Mir fehlt da glaub ich auch noch einschlägige Erfahrung.

Grüße
Judith

Das hilft mir schon ein Stückchen weiter, ich werde mal Kontakt zu ein paar Büros aufnehmen und die Lage prüfen.

Vergiss nur nicht, dabei auch etwas kritisch zu sein. Finnen können manchmal schlecht gerade hinaus "nein" sagen und kommen dir dann evtl. mit einem "möglich" oder "könnte gut sein". Möglich ist alles .. aber richtig verlassen kann man sich nur auf schriftliche Verträge.

Meine bisherige Freiberuflichkeit gibt noch nicht allzuviel her (leider) - bisher war es eher ein sich-Durchschlagen.

Nun ja, so fängt's halt meist an

Ich wuerde an deiner Stelle vielgleisig fahren: Weiterbildung, Bewerbungen, Freelancearbeiten nebenbei, Sprachkurs (kann ja auch erstmal 1-2 Abende in der VHS sein). Nach einigem Herumgeeiere kristallisiert sich da bestimmt was raus.

Viel Glueck!

Danke Poro, Du machst mir grad grossen Mut. Ist nämlich gar nicht so einfach, nach erfolgreichem Studienabschluss so herumzueiern. (Das Wort passt in der Tat)

Ich werde jetzt wohl auch tapfer mein Studium in Deutschland aufnehmen und derweil die Augen offenhalten. Vermutlich ist es nach wie vor gut, stärker in die IT-Richtung zu gehen (was Interaction Design ja ist), dort ist Englisch schon eher gebräuchlich, denke ich.

Kurs war schon angedacht, den gab es letztes Semester an der Uni und dieses Semester nicht mehr. VHS bietet keinen an. Gna!
Vielleicht lerne ich jetzt aus Trotz schwedisch?

Darf ich mal neugierig fragen, wie Du in Finnland angekommen bist und was Du jetzt tust?

Liebe Grüße
Judith

N'Abend!

Wie ich in Finnland angekommen bin? Mit Fahrrad und Rucksack, Drucker auf dem Gepäckträger .
Nun ja, mein Freund ist Finne .. und irgendwie wollten wir dann auch mal zusammen ziehen. Da ich schon vorher viel im Norden unterwegs gewesen war (Urlaub, Austauschstudium, Job) und eh auf Dauer nix mehr von D'land wissen wollte, lag's nahe. Obwohl ich mich auch gefragt habe, warum ich keinen Schweden, Kanadier oder so hätte erwischen können .. das hätte mir einiges an Ärger mit dem Sprachenlernen am Anfang erlassen
Nun, ich habe dann die Sprache gelernt und mein Studium hier erfolgreich abgeschlossen. Gradlienig lief's mit dem Berufsweg bei mir auch nicht .. halt Absagen, kurzfristige Jobs hier und da. Inzwischen bin ich bei einer Kombi aus Selbständigkeit (Unternehmensteilschaft), verschiedenen Freelancetätigkeiten und einem "regelmässigen" saisonalen Job angelangt. Ich hatte zwar immer einen festen, geregelten Job im Visir - seit einem Jahr habe ich allerdings keinen Bock mehr aufs Bewerbungenschreiben. Zu viel Einsatz, zu wenig Outcome. Und dieses Jahr war ich sogar selbst Arbeitgeber . Ob das nun das Ende des Weges ist oder ob ich irgendwann noch mal ein ganz eigenes Unternehmen gruende oder doch noch mal in einem "normalen" Job lande, wird sich zeigen. Bin auf jeden Fall jetzt mit meinen Aufgabenbereichen und Finanzen zufrieden.

Lg, poro

Hehe, ich finde mich in einigen Dingen gut wieder, die Du schreibst, ich bin seitdem ich in Irland war, in Deutschland nicht mehr richtig heimisch geworden und mag den Norden und denke nun: Warum in aller Welt ausgerechnet Finnland? Seitdem ich hier bin und mich mit Finnisch herumschlage, habe ich das Gefühl, quasi mühelos schwedisch zu verstehen.

Der Drucker auf dem Gepäckträger ist allerdings wirklich ein Knaller
Sehr hübsche Anekdote und erinnert mich daran, wie mein Umzug nach und von Irland stattgefunden hat. Vorwiegend mit einzeln mit Bus und Bahn zum Shop getragenen Paketen und kreativem kofferähnlichem Fluggepäck. Neue Nomadengeneration.

Hm, ich hatte eigentlich auch vor, demnächst mal eine gemütliche Festanstellung über mehrere Jahre zu haben, aber sieht so aus als würde daraus nichts.

@ juxxi,

nicht nur Leuten mit Studienabschluss nervt das "rumeiern", auch den "Normalos" gehts so, glaub mir

Die MA-MU Kurse bieten gute Möglichkeiten die Sprache zu lernen, du musst dich nur entsprechend dahinter klemmen.
Bei dem Arbeitsamt Vihti war Bedingung für die Kurszulassung schon geschriebene Bewerbungen (inkl. Absagen) vorzulegen und Eigenbemühungen vorzuweisen. Während der Kurszeit bekommt man etwa 450e, von denen man auch noch Steuern zahlen muss.
Anschliessend macht man 4 Wochen Praktikum, die Stelle muss man sich selber suchen, wobei das ganz gut klappt, da die Betriebe nichts bezahlen müssen, man kriegt weiterhin die 450e (wovon ich mir zB meine Fahrkarte nach Helsinki fürs Praktikum für 350e gekauft hab).
Meist übernehmen die Praktikumsbetriebe einen nicht.

Jobvermittlung anschliessend gibts nicht. Zumindest nicht in Vihti. Man muss sich selber die ganze Zeit laufend bewerben.

Hallo Sandra,

das wollte ich damit auch gar nicht sagen, ich bezog das nur auf mich, bis zum Studienende ging es geradeaus auf ein Ziel zu und seitdem ...ausserdem würde ich mich auch mit Studium noch als Normalo bezeichnen, ist ja nur ein Diplom, nix weiter.

Ok, das mit den Sprachkursen wäre also eine Variante. Ich bin bisher in Finnland in keiner Form registriert, keine Sozialversicherungsnummer, kein Wohnsitz, da man dafür angeblich einen Arbeitsvertrag bräuchte?! Ich denke ich werde nächste Woche erstmal nach Deutschland zurückfliegen (schnief) und dort machen, was ich mir vorgenommen hatte und parallel schauen, wie ich hier einen Fuss rüberbekomme. Vielleicht Praktikum im nächsten Frühjahr oder so. Wird finanziell alles ganz schön waghalsig. :/

Dank Euch soweit!
Judith

Hei,
es gibt an der TU Helsinki innerhalb der Fakultät für Architektur eine Abteilung namens "Urban planning and Design", an der auch ein deutscher Professor (Peter Ache) arbeitet. Vielleicht kannst Du mit dem mal sprechen. Die TU steht kurz vor dem Zusammenschluss mit der Hochschule für Gestaltung (und der Wirtschaftsuniversität) zur Aalto-Universität.
Hier Links: http://yks.tkk.fi/en/contact/, http://yks.tkk.fi/en/contact/personnel/
Viel Glück!

Oh, vielen Dank Loplop,

das Institut habe ich in der Tat bei meinen bisherigen Recherchen noch nicht gefunden!
Ich werde da demnächst mal Kontakt aufnehmen!

Vielen Dank noch einmal!

Judith

Hallo!

Bei mir gibt es inzwischen ein paar (kleine) Neuigkeiten.

Zwar bin ich immernoch hauptsächlich in Deutschland, habe aber inzwischen schon einige Zeit in Espoo bei meinem Partner verbringen dürfen und möchte den Sprung über den kleinen Teich bald wagen. Ich habe Finnland schon ein wenig liebgewonnen und habe zwar noch ein paar Bedenken wegen der Sprache (lokale Bindungen und Kontakte waren und sind mir immer sehr wichtig) – aber das wird hoffentlich mit ein etwas (viel) Geduld zu lösen sein.

Ich habe das erste Semester meines hiesigen Aufbaustudiums fast abgeschlossen und in der Zwischenzeit ein paar Kontakte knüpfen können hinsichtlich potentieller Arbeitsmöglichkeiten. Nichts festes aber immerhin ein paar erste Möglichkeiten am Horizont. Ausserdem habe ich mich ziemlich lange mit den Kriterien und Verfahren herumgeschlagen, die mich zum Resident machen, aber es wird einfacher als gedacht - der Arbeitgeber meines Partners versorgt mich mit Relocation Service. Hach, was freu ich mich.

Nach über 2 Jahren Fernbeziehung mit mindestens 2 Flugstunden Distanz wird es wohl bald tatsächlich wieder eine Möglichkeit des Zusammenlebens geben! Ihr könnt Euch kaum vorstellen, wie sehr mich das freut und wie aufgeregt ich bin. Nun ist erst einmal ein ganzer März plus ein halber April in Finnland geplant und dann sehen wir weiter, was bis dahin geschehen ist.

Ob es im März ein Forumstreffen gibt? Ich würde mich freuen!

Grüße
Judith

juxxi hat geschrieben:Ob es im März ein Forumstreffen gibt? Ich würde mich freuen!

Höchstwahrscheinlich am ersten Samstag im März!

Super!