Private Krankenversicherung in Deutschland

Freie Themenauswahl: Diskussion, Fragen und Antworten.
Antworten
silversurfer

Re: Sairauskassa am Arbeitsplatz? Sinnvoll?

Beitrag von silversurfer »

Es ging darum, das ungeborene Kind zu versichern. Das ist bei der privaten Krankenversicherung in Deutschland übrigens auch nicht anders. Chronische Krankheiten vor Abschluss der Versicherung werden nicht versichert.
Das ist teilweise richtig und teilweise falsch.
Obwohl es nicht zur Eingangsfrage von hilla gehört, hier ein Kurzexkurs für die, welche die Situation in Deutschland interessiert:

Du bist in Deutschland entweder gesetzlich oder privat versichert. Gesetzlich ist Standard, Wechsel nach privat ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, aber "Einbahnstrasse" (grundsätzlich keine Rückkehr mehr nach gesetzlich).

In der gesetzlichen Versicherung existiert keinerlei Gesundheitsprüfung, weder für Erwachsene noch für Kinder oder Neugeborene. Kinder kommen grundsätzlich hier in eine "Familienversicherung", wenn der "Besserverdienende" gesetzlich versichert ist.
Es ist also irrelevant, in welchem Zustand ein Kind geboren wird, gesund bleibt oder chronische Krankheiten bekommt.
Ebenfalls irrelevant ist auch, ob ein Erwachsener zum Zeitpunkt der Aufnahme gesund ist oder Pest, Typhus oder Cholera hat. Das gilt ebenso bei einem Wechsel von einer gesetzlichen Krankenversicherung zu einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung als auch für Alle, die zwar die private Möglichkeit hätten, aber freiwillig gesetzlich versichert sind.

In der privaten Krankenversicherung gibt es eine Gesundheitsprüfung, deren Umfang vom Versicherungsunternehmen und gewünschten Tarif (=Umfang der Leistungen) abhängig ist.
Davon ausgenommen sind Neugeborene, wenn diese Aufnahme innerhalb von 2 Monaten ab Geburt beantragt wird (=gesetzliche Vorschrift). Dann muss ein neugeborenes Kind ohne Gesundheitsprüfung aufgenommen werden,
Voraussetzung ist dabei, dass ein Elternteil dort ebenfalls privat versichert ist, denn die Einstufung ist zu dem Tarif, in welchem auch der Elternteil versichert ist. Erfolgt diese Aufnahme erst später, dann kann es zu Risikozuschlägen kommen.
Innerhalb der Frist ist also der "Geburtszustand" des Kindes ebenfalls irrelevant.

Das ist natürlich nur die Kurzfassung. Genauer kann man es unter diesem Link nachlesen, auch, wie es ist, wenn ein Elternteil gesetzlich und der andere Elternteil privat versichert ist (in Deutschland nicht unüblich):
http://www.krankenversicherung.net
MichaelR.
Beiträge: 94
Registriert: Fr Feb 22, 2013 1:36 am

Private Krankenversicherung in Deutschland

Beitrag von MichaelR. »

silversurfer hat geschrieben:
Du bist in Deutschland entweder gesetzlich oder privat versichert. Gesetzlich ist Standard, Wechsel nach privat ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich, aber "Einbahnstrasse" (grundsätzlich keine Rückkehr mehr nach gesetzlich).
Meines Wissens nach gibt es da aber noch einen Bug im System: Man kann die private einfach nicht mehr bezahlen. Diese schmeißt dich dann somit raus. Da aber in DTL Krankenversicherungspflicht herscht und du nicht ohne sein kannst, rutscht du automatisch wieder in die gesetzliche rein.

Zumindest hat mir das mal ein Versicherungsvertreter so erklärt - keine Garantie auf Richtigkeit. Wenn es interessiert ist es aber vielleicht ein interessanter Ansatz, dem mal auf den Grund zu gehen.
silversurfer

Re: Sairauskassa am Arbeitsplatz? Sinnvoll?

Beitrag von silversurfer »

Man kann die private einfach nicht mehr bezahlen. Diese schmeißt dich dann somit raus.
Jede private KV muss einen sog. "Basistarif" anbieten, welcher von den Kosten mit der gesetzlichen KV vergleichbar ist, aber auch nur den Leistungsumfang der gesetzlichen KV bietet.
Wenn jemand also seinen seinerzeit gewählten Tarif nicht mehr zahlen kann, dann muss er sich in diesen Basistarif umstufen lassen oder zu einer anderen privaten KV in diesen Tarif wechseln (wg. der bereits von Michael erwähnten Krankenversicherungspflicht). Rückkehr in die gesetzliche KV ist aus diesem Grund nicht möglich.
In meinem Bekanntenkreis sind Leute in Rente gegangen und mussten sich aus Kostengründen dann tatsächlich umstufen lassen.
War natürlich ein Riesengejaule, da damit auch vorher jahrelang gewohnte Leistungen weggefallen sind.

Es gilt:
Grundsätzlich darf Ihr Versicherer Ihren privaten Krankenversicherungsschutz nicht kündigen. Dies ist in § 206 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und § 12 Abs. 1 Nr. 3 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) geregelt.
Näheres und Ausnahmen davon ist hier nachzulesen:
https://www.pkv.de/themen/krankenversic ... kuendigen/
Interessant auch folgender Artikel:
http://www.sueddeutsche.de/news/wirtsch ... 7-99-03415

Eine Rückkehr von privat zu gesetzlich ist also grundsätzlich ausgeschlossen, aber wie "grundsätzlich" schon aussagt gibt es dazu Ausnahmen.
Es würde den Rahmen sprengen, diese hier genauer aufzuführen.
Auch kann und will ich keine Versicherungsberatung für Deutschland durchführen, denn die Ausgangsfrage von hilla war ja, wie sie in Finnland damit umgehen soll.
Deshalb zum Thema "Rückkehr" ebenfalls nur ein Link zum Nachlesen:
http://www.krankenversicherung.net/ruec ... esetzliche
Benutzeravatar
fax
Beiträge: 3658
Registriert: Do Dez 21, 2006 11:36 pm
Wohnort: Helsinki

Re: Private Krankenversicherung in Deutschland

Beitrag von fax »

Thema abgetrennt von der ursprünglichen Diskussion über eine private Krankenzusatzversicherung in Finnland: http://www.saksalaiset.fi/forum/viewtop ... f=5&t=5931.
Antworten