Pädagogik ala Finnland

Fragen zum Familienleben: Partnerschaft sowie Kinder im deutsch-finnischen Umfeld.
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roelli
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Pädagogik ala Finnland

Beitrag von roelli »

Letztens hat es mich ja vom Hocker gehauen, als ich das Interview des neuen Finnischen Verteidgungsministers gelesen habe. Solch eine Kriegsverherlichung, würde sich in D niemand trauen, obwohl ich in letzter Zeit feststellen musste das man es auch dort versucht.
Minister of Defence Häkämies: Swedish motion to give up compulsory military service is not for Finland

Finnish Minister of Defence Jyrki Häkämies does not warm to his Swedish colleague Mikael Odenberg's plan to drop universal national conscription during peacetime. "Finland’s standpoint is fundamentally different from that of Sweden", Häkämies says.
"For us the starting point is universal male conscription as part of our defence strategy for the entire country. Crisis management and international engagements are supplementary activities, unlike in Sweden, where such operations are in a more pivotal role", Häkämies states in a telephone interview.
"Giving up the national service may be Sweden’s model. It isn’t ours."

Finland is one of the last countries in Europe to still hold on to a large defence force made out of national servicemen."But this has proved an economically viable alternative. Even in crisis management operations our reservists have been found to be extremely competent both as soldiers and as civilian professionals", Häkämies adds.
"And there is an added bonus to the universal military service in Finland. We have found that it has an unquestionable positive effect on the nation’s defence mentality as a whole. In addition, it unifies the society when an entire age group is drafted. In the military, there are tasks for everyone."

Häkämies does not share Odenberg’s sentiments that in a crisis situation women and men could be drafted in equal measure. "Our present model is perfectly functional. I do not enthuse over Odenberg’s idea in this respect, either."

Sweden’s Minister of Defence Mikael Odenberg would give up universal military service during time of peace.
The dormant national service could be reactivated if the security policy situation so required. "In such a case women, too, would be draftable", Odenberg outlined his views in an interview in the Tuesday issue of the Swedish daily Svenska Dagbladet.
Odenberg does not describe his option as a professional army, however. It would be a system based on voluntary participation.
"In a certain respect, a universal military service scheme is a thing of the past", Odenberg claims.
Odenberg believes in each age group there would be enough volunteers to step into the army greys, even without national conscription.

Sweden’s present defence doctrine emphasises international operations.
Possible security threats are seen as global by nature, in which case it would be natural to address such situations at the source, whether it be in Afghanistan, the Balkans, or Africa.
At present, a threat of invasion against mother Sweden is not seen as realistic. Therefore, maintaining a large reservist army is not thought to be as necessary as it is in Finland.
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Georg

Beitrag von Georg »

Wo, bitte, ist da Kriegsverherrlichung? Da ist die Rede von Wehrdienst und Krisenmanagement.
Aber eigentlich darf man sich da nicht wundern. Ich habe in Deutschland auch schon mitbekommen, dass Feuerwehrler als Faschisten und Schweine beschimpft wurden. Klar, sie tragen Uniform. Deswegen sind es bestimmt auch Kriegstreiber, oder Roelli?
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Martin
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Beitrag von Martin »

...ich habe aber schon den Eindruck, daß die Finnen generell recht "militärverliebt" sind... oder geht das nur mir so? :scratch
:arrow: Veteranen-Gedenktag, Donnerstags Erbsensuppe, diese "Kiitos" T-Shirts... und und und

In Deutschland ist die Sache doch etwas anders... wahrscheinlich in manchen Fällen auch zu extrem in die andere Richtung (wie Georg schreibt). Könnte vielleicht eventuell mit der Vergangenheit zu tun haben... aber nur eventuell... :wink:

Bei meiner Ur-Oma durfte ich noch füher nicht mal die Deutschland-Fahne öffentlich sichtbar raushängen... auch etwas extrem... :roll:
m1kko
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Beitrag von m1kko »

Ich hab auch das Gefühl, dass in Finnland der Wehrdienst ganz anders angesehen wird als in deutschland. Während in Deutschland die meisten versuchen sich davor zu drücken, so scheint mir das in Finnland ganz selbstverständlich, dass die Jungen in die Arme gehen. Zivildienst scheint dort nur für die "Weicheier" zu sein.
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Tomppa
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Beitrag von Tomppa »

Die allgemeine Einstellung zum Militärdienst und Verteidigung ist in Finnland in der Tat anders als in Deutschland. Die Abschaffung vom Militärdienst würde die Mehrzahl der Bevölkerung nicht begrüßen.

Ich erinnere mich, in dem Buch "Kultuschock Finnland" eine sehr zutreffende Beschreibung dieses Phänomens gelesen zu haben aber habe das Buch zur Zeit nicht zur Hand. Könnte da jemand anderer nachschlagen?
Friedward

Beitrag von Friedward »

Kriegsverherrlichung
"Der Krieg ist Vater aller Dinge" (Heraklit 550-480 v. Chr.).
Das wäre z.B. eine philosophische Feststellung, keine "Kriegsverherrlichung".

Der Begriff "Kriegsverherrlichung" wurde von Oppositionellen geprägt, die damit ihren Protest gegen die Staatsmaxime des preußischen Militarismus bis hin zum Kriegsverständnis des 'Dritten Reichs' artikulierten.

Heute gilt alles, was den Krieg (seine Methoden, seine Auswirkungen usw.) verharmlost, bereits als "Kriegsverherrlichung".
Eine Kriegsverherrlichung ist auch schon dann gegeben, wenn Krieg als 'reizvoll' dargestellt oder als Möglichkeit beschrieben wird, zu Anerkennung und Ruhm zu gelangen. Dazu gehören mittlerweile auch einige Computerspiele...





Bellizist [ lateinisch ] der, Anhänger und Befürworter des Krieges, Kriegstreiber.
Der Bellizismus (von lat. bellum, Krieg) ist ein in der Regel abwertend benutzter Begriff, der eine dem Pazifismus entgegengesetzte politische Grundhaltung charakterisiert, die militärische Mittel zur Durchsetzung von Zielen als legitimes Mittel der Politik betrachtet und auch dazu neigt, sie friedlichen Mitteln vorzuziehen.

Die Anhänger des Bellizismus werden als Bellizisten bezeichnet.

Der Bellizismus wird teils mit dem Militarismus gleichgesetzt, teils von ihm deutlich unterschieden (siehe dort). Eine Selbstbezeichnung als Bellizist ist unüblich.
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Tomppa
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Beitrag von Tomppa »

:lol:

Es ist schon bemerkenswert, dass selbst ein so links gerichteter Autor es nicht schafft, den Verteidigungswillen so richtig negativ darzustellen.

"Es ist mehr eine historisch konstruierte Art des Denkens, derzufolge sich Finnland permanent unter militärischer Bedrohung befindet - selbst wenn niemand die geringste Idee hat wer denn diese Bedrohung darstellen soll.."

Eine schwedische Aggression erwartet bestimmt niemand und auch die Norweger sind in der letzten Zeit recht ruhig gewesen. Vor wem will man sich denn wohl rüsten.....? Eine "geringe Idee" hätte ich da schon parat... 8)
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Tomppa
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Beitrag von Tomppa »

Martin hat geschrieben:...ich habe aber schon den Eindruck, daß die Finnen generell recht "militärverliebt" sind... oder geht das nur mir so? :scratch
:arrow: Veteranen-Gedenktag, Donnerstags Erbsensuppe, diese "Kiitos" T-Shirts... und und und

In Deutschland ist die Sache doch etwas anders... wahrscheinlich in manchen Fällen auch zu extrem in die andere Richtung (wie Georg schreibt). Könnte vielleicht eventuell mit der Vergangenheit zu tun haben... aber nur eventuell... :wink:

Bei meiner Ur-Oma durfte ich noch füher nicht mal die Deutschland-Fahne öffentlich sichtbar raushängen... auch etwas extrem... :roll:
Die jetzige besondere Aufmerksamkeit den Veteranen gegenüber beruht sicherlich auch auf schlechtes Gewissen.

In der Nachkriegszeit hat man aus Rücksicht auf Sowjetunion (Finlandisierung) wenig für die Veteranen getan. Jetzt will man sich zumindest um die ein Paar noch lebenden Veteranen kümmern.

Kiitos-T-Shirts tragen die Biker - eine Menschengruppe dem auch nur ein wenig links gerichtetes Gedankengut suspekt ist.

Tjah, und die ewige Erbsensuppe Donnerstags. Witzig, dass diese ursprünglich katholische Tradition ausgerechnet im protestantischen Norden aufrechterhalten wird. Diese Tradition besteht in Schweden mindestens seit dem 15. Jahrhundert. Erbsensuppe mit Schweinefleisch war eine deftige Unterlage für das Fasten am Freitag. Angeblich stammt die Tradition aus Norddeutschland und sie wird in Finnland eben durch Militär bewahrt.
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Sandra
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Beitrag von Sandra »

Voivoi, wieder alte Karmellen.

Ich fands geil, das Deutschlandflaggen während der WM gehisst wurden. Ich finds geil, Deutsche zu sein und bin stolz drauf. Ich kenne die Vergangenheit und bin nicht scharf drauf, das sich das wiederholt. Aber muss man deshalb als Deutscher EWIG nen Betonklotz im Nacken tragen um ja nicht erhobenen Hauptes dazustehen?

Ich mag den finnischen Nationalstolz. Und ich wuenschte, die Deutschen könnten sich da etwas darn abgucken...ich finde auch die Reservisten-Arme in Finnland gerechtfertigt - wenn man bedenkt wie nah Russland hier ist...:shock:

Das Deutschland selber keine "richtige" Armee haben darf, dafuer sorgen schon andere Länder :roll: Könnte ja wieder gefährlich werden, wenn Deutschland sich selber verteidigen könnte!
Finkke
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Bin ein Reservist

Beitrag von Finkke »

Versteht ihr nicht, daß Sowjetunion damals Finnland aus der Weltkarte abschaffen wollte. Dann wäret ihr auch nicht hier, und ich würde vielleicht in Sibiren geboren.

Wenn Rußland oder ein anderer großer/kleiner Macht Finnland angreifen soll, sehe ich gerne Leute wie Roelli und ähnliche mit bloßen Händen gegen den Feind laufen und "Frieden!Frieden!" rufen...Dann merkt ihr wie blauäugig und idiotisch ihr wart.

Warum soll Abrüstung aus Finnland beginnen...läuft doch rüber nach Rußland und fordert sie zum Abrüsten. Danach kann Finnland auch sowas leisten.


Ich bin für noch eine stärkere Verteidung als heute. Es ist nicht zu übesehen, daß Rußland wieder aufrüstet. Wenn westlich von Rußland ein Machtvakuum entsteht, für das kein anderer Macht interessiert würden die Russen das Gebiet dankend an sich schließen.

Daß die Menschen ihr Heimat verteidigen wollen macht sie nicht rechts- oder linksradikal.

Bei uns gibt eine örtliche auf Freiwilligkeit basierende Reservisteneinheit "Hiiden prikaati". Leider habe ich nicht genug Zeit dort mitzumachen. Der finnsiche Oberbefehlshaber hat mals gesagt "Wenn ein Feind uns angreift, hat er auch verdient auf einer Mine zu treten". In den 70er Jahren wollte Sowietunion mit Zwang eine gemeinsame "Militärübung" wegen drohende Militär aus Deutschland (Lüge) mit Finnland machen. Der damalige Oberbefehlshaber (Lauri Sutela?) hat den Befehlt gegeben, auf sowietische Schiffen Feuer zu öffnen, wenn die über die Grenze kommen sollen. Das haben die Sowiets mitbekommen und sind dortgeblieben wo sie hingehören.

Roelli und Co.: Wenn der Feind kommt, möchte er dich nicht tätscheln, er ist nicht an deiner Menschenrechte interessiert; er schießt dein Kopf ab oder sendet zum Arbeitslager je nach dem wie er gelaunt ist. Soll ich mein Leben riskieren um euch und eures Hab und Gut zu verteidigen? Nööö...Ansonsten bin ich sowas wie friedlich und freudlich solange bis keiner mein Land und Leben entnehmen will - ab dann werden die Sturmgewehre entfettet und mit Munition befüllt.

Finkke, Unteroffizier der Reserve der finnischen Marine
Sid
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Beitrag von Sid »

Sandra :thum , ich kann mich in ALLEN Punkten bedingungslos anschliessen.
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Martin
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Beitrag von Martin »

@Finkke
...na ja, wenn's richtig hart auf hart kommt bringen die entfetteten Sturmgewehre aber auch nix mehr :roll:
Daß ein Land der EU im Kriegsfall auf sich selber gestellt wäre glaube ich eher weniger... in diesem Fall würde es wohl zum Äußersten kommen. Und dann glaube ich nicht, daß Finnland ein primäres Ziel wäre...

...blauäugig sein ist vielleicht nicht toll, aber man kann's auch ins andere Extrem ziehen...

Gruß,
Martin / ex Zivi / die 70er & 80er Jahre nahe Bonn verbracht > wenn's richtig geknallt hätte wären wir innerhalb von 1 Minute dran gewesen

@Sandra
WM-Flaggen fand ich auch gut! Den "Betonklotz" spürt man leider immer mal wieder (oder vielleicht bildet man es sich nur ein?)... sad but true...
Zuletzt geändert von Martin am So Jun 03, 2007 6:50 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Friedward

Beitrag von Friedward »

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roelli
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Beitrag von roelli »

Georg hat geschrieben:Wo, bitte, ist da Kriegsverherrlichung? Da ist die Rede von Wehrdienst und Krisenmanagement.
Es gibt einen Satz von Karl Liebknecht (sinngemäß)
„Militarismus ist die Umklammerung der Gesellschaft mit dem Militär“ und ich glaube schon, dass man es in D kritischer sieht, wenn sich das Militär derart in der Gesellschaft breit macht. Militarismus wurde mE schon immer mit Kriegsverherrlichung gleichgesetzt.
Besonders bedenklich finde ich die Aussage, dass die Teilnahme an diesem Verein als pädagogische Maßnahme begriffen wird, so lese ich das zumindest aus dem Artikel.
Aber eigentlich darf man sich da nicht wundern. Ich habe in Deutschland auch schon mitbekommen, dass Feuerwehrler als Faschisten und Schweine beschimpft wurden. Klar, sie tragen Uniform. Deswegen sind es bestimmt auch Kriegstreiber, oder Roelli?
Das mit der Feuerwehr finde ich natürlich Schade, mMn liegt es aber auch daran, das das Militär versucht sich über Aufgaben in der Gesellschaft zu Positionieren, für die es andere Organisation gibt. Missbrauch schlägt dann auch zurück.
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