Apothekenstreik / Kündigung vieler Krankenschwestern

Ideenaustausch zum Thema Leben in Finnland.
Georg

Beitrag von Georg »

Arbeitskampf im Pflegebereich abgeblasen - Apothekenstreik hat begonnen und soll bis Freitag aufs ganze Land ausgedehnt werden.

Die Art und Weise, wie der Arbeitskampf von der Tehy geführt wurde, wird sicherlich noch für viel Diskussion und hoffentlich für Gesetzesänderungen sorgen.
Tenhola

Beitrag von Tenhola »

Georg hat geschrieben:Arbeitskampf im Pflegebereich abgeblasen - Apothekenstreik hat begonnen und soll bis Freitag aufs ganze Land ausgedehnt werden.
Du kannst nicht sagen, "Arbeitskampf im Pflegebereich abgeblasen" sonder es ist vorbei und zwar mit positivem Resultat fuer das Pflegepersonal.
Georg

Beitrag von Georg »

Man kann sich natürlich auch mit Haarespalten befassen, ob der Arbeitskampf nun abgeblasen oder beendet ist.

Tatsache ist auch, dass er nicht für DAS Pflegepersonal positiv ausging, sondern nur für die, die Tehy angehören. Ab sofort gibt es im Gesundheitswesen zwei Gehaltsklassen - die für Tehy-Mitglieder und die für anderen. Das bedürfte nach meiner - allerdings laienhaften - Auffassung einer Überprüfung, ob das mit den Grundrechten vereinbar ist.

Eine weitere Frage ist, ob er denn auch für die Gesellschaft positiv ist.
Tenhola

Beitrag von Tenhola »

Mit Haarspalterei hat das nichts zu tun. Abgeblasen heisst doch auch immer, dass etwas aufgegeben werden musste ohne weitere Resultate.
Tehy hat ja schliesslich den Kampf auch gefuehrt und ein Blick ueber die Grenze nach Deutschland, zeigt doch dort die gleiche Situation mit den Lokfuehrern.
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fax
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Beitrag von fax »

Georg hat geschrieben:Das bedürfte nach meiner - allerdings laienhaften - Auffassung einer Überprüfung, ob das mit den Grundrechten vereinbar ist.
Welches Grundrecht / welche Grundrechte meinst du damit?
Georg

Beitrag von Georg »

Naja, wir reden hier über so unwesentliche Details wie die Grundrechte, dass z.B. niemand aufgrund seines Geschlechtes, Religion, Herkunft etc pp benachteiligt werden darf. Nach Gewerkschaftszugehörigkeit benachteiligen ist dann offensichtlich in Ordnung, oder wie? Wenn das in Ordnung wäre, dann bräuchten sich die "naisvaltaiset alipalkatut alat" nicht über den Lohnunterscheid zu beschweren, weil es ja ok ist, gewisse Gruppen ungleich zu behandeln.

Das ist auch schwer mit den Lokführern in Deutschland zu vergleichen (auch wenn ich deren Strei kauch seltsam finde), da es sich immerhin um eine geschlossene Berufsgruppe handelt. Tehy hingegen vertritt unter 50% des Pflegepersonals. Bei dieser Zahl ist auch die Gruppe des Perushoitaja zu berücksichtigen, da Tehy auch für sie diese Lohnerhöhungen durchgesetzt hat.

Auch wenn Du mir sowieso nicht glaubst oder gleich angeblichen Neid unterstellst: die Lohnerhöhung in ihrer jetztigen Form geht in Ordnung, wegen der deutlich längeren Laufzeit. Was ich kritisieren, ist vor allem, dass nun nur ein Teil einer Berufsgruppe diese Lohnerhöhung bekam. Das Problem ist bei weitem nicht gelöst, die "Frauenberufe" in ihrer Mehrheit haben keinen Anteil an dieser Lösung. Es entstand ein Ungleichgewicht, das nur neue Probleme auslöst.

Edit: @Fax: das war meine Antwort an Tenhola
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fax
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Beitrag von fax »

Georg hat geschrieben:Das ist auch schwer mit den Lokführern in Deutschland zu vergleichen (auch wenn ich deren Strei kauch seltsam finde), da es sich immerhin um eine geschlossene Berufsgruppe handelt.
Es sind viele Bahnangestellte von Transnet zu GDL gewechselt, weil sie sich dort bessere Konditionen erhoffen. Genauso gibt es bei Transnet auch sicher noch ein paar Lokführer.
Tenhola

Beitrag von Tenhola »

Nicht zu vergessen die Lokfuehrer im Beamtenstatus, welche ja nicht streiken duerfen.
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fax
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Beitrag von fax »

Georg hat geschrieben:Naja, wir reden hier über so unwesentliche Details wie die Grundrechte, dass z.B. niemand aufgrund seines Geschlechtes, Religion, Herkunft etc pp benachteiligt werden darf. Nach Gewerkschaftszugehörigkeit benachteiligen ist dann offensichtlich in Ordnung, oder wie?
Die Frage ist letztendlich, wo man die Linie zieht. Man könnte auch für Pfleger das gleiche Gehalt wie für Ärzte verlangen, denn ein Pfleger kann ja nichts dafür, dass die Gene nicht für ein Medizinstudium gereicht haben. Einer Gewerkschaft kann man wenigstens jederzeit freillig beitreten und auch wieder austreten.
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roelli
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Beitrag von roelli »

Georg hat geschrieben:. Nach Gewerkschaftszugehörigkeit benachteiligen ist dann offensichtlich in Ordnung, oder wie?
Wie das generell in D gehandhabt wird, weiss ich nicht, aber ich habe mal ein Artikel gelesen in der das Gewerkschaften genau so gefordert haben.

Wenn das in Ordnung wäre, dann bräuchten sich die "naisvaltaiset alipalkatut alat" nicht über den Lohnunterscheid zu beschweren, weil es ja ok ist, gewisse Gruppen ungleich zu behandeln.

"naisvaltaiset alipalkatut alat"
, das Thema wird ja meist mit dieser fast täglich erscheinenden 80 cent Geschichte untermauert, demnach der Fraueneuro nur 80 cent wert ist. In Kauppalehti hat das mal jemand nach gerechnet, der Männereuro ist nur 70 cent wert.
http://miessakit.forum.emedia.fi/viewto ... ght=#12597

In Suomenkuvalehti war mal ein Lohnvergleich, gemessen an dem Lohn eines Waldarbeiters verdienen die Krankenschwestern nicht schlecht.

Man könnte es natürlich wie in England lösen.
http://genderama.blogspot.com/2007/03/g ... gland.html
Georg

Beitrag von Georg »

roelli hat geschrieben:
Georg hat geschrieben:. Nach Gewerkschaftszugehörigkeit benachteiligen ist dann offensichtlich in Ordnung, oder wie?
Wie das generell in D gehandhabt wird, weiss ich nicht, aber ich habe mal ein Artikel gelesen in der das Gewerkschaften genau so gefordert haben.
In Deutschland ist das Prinzip eine Firma - eine Gewerkschaft üblich, und das mit gutem Grund, auch wenn es nirgendwo festgeschrieben ist. Und das die Gewerkschaften was anderes wollen, heisst noch lange nicht, dass es gut oder gerechtfertigt, geschweige denn rechtmässig ist.

@Fax: das deutsche Grundgesetz zumindest beinhaltet auch die politische Anschauung. Ich denke, dass ein solcher Tarifabschluss im deutschen Recht nicht haltbar wäre. In Finnland kann ich es nicht recht beurteilen; es gibt ja auch keine Instanz, die diesen Vertrag aufheben könnte, wenn ich das richtig sehe. Aber wie gesagt - ich bin kein Jurist.

Den grundlegenden Underschied zwischen Tehy und GdL ist hier auch schon dargelegt: die GdL vertritt die große Mehrheit der Lokführer, Tehy eine sehr große (waren es 40-45%? - weiss nicht mehr genau) Minderheit des Pflepersonals. Dennoch finde ich bei beiden Bereichen den Gedanken von einer Firma mit einem Tarifvertrag die beste Lösung. Dass das ein paar Gewerkschaftsbosse wegen ihrer Machtversessenheit anders sehen, schafft nur Probleme
Sid
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Beitrag von Sid »

Georg hat geschrieben: Eine weitere Frage ist, ob er denn auch für die Gesellschaft positiv ist.
Hoppla, 22-28% - nicht schlecht. Da haben wir eine Menge zu bezahlen... wie es bereits angedeutet wurde.
Georg hat geschrieben: Tatsache ist auch, dass er nicht für DAS Pflegepersonal positiv ausging, sondern nur für die, die Tehy angehören. Ab sofort gibt es im Gesundheitswesen zwei Gehaltsklassen - die für Tehy-Mitglieder und die für anderen.
Das war allerdings auch mein erster Gedanke. Zickenterror unter einem Dach (durchaus möglich, oder?), wenn Tehy-Schwester mit SUPER-Schwester zusammenarbeiten :shock:

Anderenseits, in (fast) jeder anderen Berufsgruppe gibt es den klaffenden Unterschied von 22%, und zwar Männer und Frauen :lol:
Da musste ich an einen der früheren Beiträge denken, ganz á la roelli ;) dass Emanzipation und Feminismus dahinter stecken. Stimmt auch, aber ich denke, dass je mehr solche Jammerrunden von "naisvaltaiset alipalkatut alat" gibt, desto schlechter sieht es für (ehrgeizige) Frauen im Beruf aus. Fakt ist, dass sich hierzulande und auch grösstenteils in Deutschland Frauen unterbuttern lassen, Gehaltsforderungen werden aufgrund von Lebenskosten erbeten, aber nicht für eine Leistung, die sich in der Tat sehen lässt. Wieso soll die Gehaltserhöhung immer aufgrund irgendwelcher Anti-Diskriminierung geschehen, und nicht für ausgezeichnete Leistung, und vor allem statt kollektiv, individuell?

Fällt mal eine Verhandlung postiv aus, wie neulich für uns (YTN -- ylempi toimihenkilö, satte 8,8% auf 2 Jahre mit denen ich persönlich superzufrieden bin), dann sieht der Arbeitgeber jede andere Entlöhnung von Leistung als überflüssig - eine individuelle Gehaltserhöhung wegen Aufgabengebietsänderung, mehr Verantwortung, oder Weiterbildung aus eigener Initiative ist vom Tisch. Das macht der ArbeitnehmerIn dann kostenlos - man hat ja doch erst die "Gehaltserhöhung" bekommen. Wie alle anderen auch. Das motiviert auch entsprechend: das Minimum zu leisten :evil: Schade, dass nicht jede/r es mit seinen Werten und Zielen vereinbaren kann.
Georg hat geschrieben:Nach Gewerkschaftszugehörigkeit benachteiligen ist dann offensichtlich in Ordnung, oder wie?
An sich bin ich zufrieden, wie Unionen es handhaben mit (knallharten) Verhandlungen und eine Menge Schutz für Arbeitnehmer (vor allem auf individueller Basis, YT ist eine andere Geschichte).
Georg hat geschrieben:die Lohnerhöhung in ihrer jetztigen Form geht in Ordnung, wegen der deutlich längeren Laufzeit.
Eben, auf 4 Jahre nicht viel mehr als viele andere Unionen auch mit 8-12% auf 2 Jahre.
Georg hat geschrieben:Was ich kritisieren, ist vor allem, dass nun nur ein Teil einer Berufsgruppe diese Lohnerhöhung bekam. Das Problem ist bei weitem nicht gelöst, die "Frauenberufe" in ihrer Mehrheit haben keinen Anteil an dieser Lösung. Es entstand ein Ungleichgewicht, das nur neue Probleme auslöst.
*Zustimm*. Und wenn ich hellsehen kann, ist SUPER in 2 Jahren (voller Frust und Wut) am Zug und veranstaltet sicher eine genauso knallharte Tour wie TEHY eben. Jetzt wissen sie wie's geht.

Noch zu den Kosten des Gesundheitssystem: mehrfach wurden Finnen befragt, ob sie bereit wären für das öffentliche Gesundheitssystem mehr zu bezahlen, wenn bessere Leistungen angeboten würden. Viele sagen Ja. Inzwischen ich auch (sogar als Deutsche ;) ), aber dann würd ich gern ein messbares Ergebnis sehen. Davon hört man am wenigsten, worin das Geld investiert wurde.
Ulle
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Beitrag von Ulle »

Naja, nu sind alle glücklich. Die Krankenschwestern, sicher haben sie verdient mehr Geld zu bekommen. Wir, die Steuerzahler, da die Steuern wieder steigen werden. Ich, weil mir die ganze Streikposse eigentlich lauwarm an meiner Hinterhälfte vorbeiging. Die streikenden Finnen, da die paar die wirklich gestreikt haben nu nicht mehr draussen frieren müssen.

Apropos, das Gesundheitssystem ist doch garnicht so schlecht. Ich bekomm alles was ich brauche und lang warten muss ich auch nicht. Mach ich was richtig oder andere irgendwas falsch? Wer Aua hat muss auch Au sagen, sonst wird einem nicht geholfen.

Apropos mangelhafte Gleichbehandlung...es geht auch anders. Meine Fastfrau ist Ingenieurin, ich merke dazu an das ich Ingenieur bin. Wir arbeiten beide in mittelständischen Ingenieurbüros ne feste Anstellung und bekommen beide ein gleich hohes Gehalt. Vielleicht sind wir nur die Ausnahme. Wer kann das schon so genau sagen...mein Mathe-Prof sagte mir einst: Vertraue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälschst hast.

:idea:
Georg

Beitrag von Georg »

Sid hat geschrieben:
Georg hat geschrieben:Was ich kritisiere [...] .
*Zustimm*.
*Seufz* Das ich das noch erleben darf...
Sid
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Beitrag von Sid »

Georg hat geschrieben:
Sid hat geschrieben:
Georg hat geschrieben:Was ich kritisiere [...] .
*Zustimm*.
*Seufz* Das ich das noch erleben darf...
Wieso nicht? :lol:

Dennoch, TV geschaut, Interviews mit Finnen direkt auf der Strasse, alle sind zufrieden, Erhöhte Komunalsteuer und Steuern, höhere KELA Beiträge - no jo, on ihan ookoo :)

Wir sollten uns ein Beispiel nehmen.
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