Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Ideenaustausch zum Thema Leben in Finnland.
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Georg
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Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Georg »

Ich dachte, die Diskussion geht da http://www.saksalaiset.fi/forum/viewtop ... =18&t=2305 vielleicht ein bischen offtopic, also lasst uns die Frage hier weiterdiskutieren:

Tatsache ist, dass an die Alarmzentrale (Hätäkeskus=Häke) völlig unnötige Anrufe gehen. Ein (wahres) Beispiel aus Lohja: eine Frau ruft 112 an, und als der Sachbearbeiter dann fragt, was den los sei, sagt die gute, sie fahre hier auf der Autobahn von Helsinki nach Turku, und habe gerade gesehen, wie ein Fuchs in den Wald lief. Auf die Nachfrage, was denn sonst passiert sei, ja da sei ein Fuchs in den Wald gelaufen.

Marlies Sache gehört eigentlich eher nicht an die Notrufnummer nach deren eigener Definition: "suosittaa soittamaan hätänumeroon 112 kiireellisissä, todellisissa vaaratilanteissa hengen, terveyden, omaisuuden tai ympäristön ollessa uhattuna tai vaarassa, tai jos on syytä epäillä näin olevan." (also dann anrufen, wenn man sich in einer unmittelbaren Gefahrensituation befindet, bei der das Leben, die Gesundheit oder das Eigentum einer Person bedroht sind oder die Umwelt, oder man Anlass zur Annahme hat, dass dem so ist.)
Bei Marlies ist das (anscheinend) nicht der Fall; dennoch können die vielleicht eine Nummer geben, oder sie schätzen die Situation wirklich als gefährlich ein; ein echter Grenzfall also.
Was man nicht erwarten darf, dass das Häke den Anruf an irgendjemand durchstellt. Das machen sie nicht, wenn überhaupt, dann nur bei echten Notfällen.

Webseite des Hätäkeskuslaitos: www.112.fi, auch auf englisch und schwedisch.
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Georg
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Georg »

Die Frage ist nur, ob der Sachbearbeiter die Bedrohung der psychischen Gesundheit in diesem Fall als "kiireellinen" (also eilig, besser: unmittelbar) und "todellinen" (wirklich, tatsächlich) einschätzt. Die langsamste Hilfeleistungsstufe des Häke ist bei medizinischen Notfällen D: Hilfe sollte in 1-2 Stunden eintreffen.
Anhand der hier geschilderten Fakten sehe ich das noch nicht, aber wie ich auch schon sagte, ein Grenzfall. Ich würde eher raten, zum turvakoti zu gehen oder den Sozialdienst anzurufen; offensichtlich sitzt der Mann ja nicht ständig zu Hause und bewacht sie.
Ich gehe aber natürlich nicht davon aus, dass wir alle Informationen haben, so dass das Häke zu einer anderen Einschätzung kommen kann.
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Neumi
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Neumi »

Georg hat geschrieben: Anhand der hier geschilderten Fakten sehe ich das noch nicht, aber wie ich auch schon sagte, ein Grenzfall. Ich würde eher raten, zum turvakoti zu gehen oder den Sozialdienst anzurufen; offensichtlich sitzt der Mann ja nicht ständig zu Hause und bewacht sie.
Ich gehe aber natürlich nicht davon aus, dass wir alle Informationen haben, so dass das Häke zu einer anderen Einschätzung kommen kann.
So habe ich das auch Verstanden, natürlich wissen wir nicht wie es genau ist. Im Moment scheint Ihr Mann einfach nichts zu tun, nur mit seinen Freunden rumzuhängen, Faulenzen etc. etc. Sie hat einfach Angst dass es Eskalieren könnte, falls sie sich zum Schritt (Scheidung) entschliesst. Wenn sie jedoch vorher alles mit dem Frauenhaus / Sozialamt abklärt bzw. Hilfe bekommt, müsste es nicht soweit kommen, dass ein Notruf notwendig ist.

Die Notrufzentrale als Informationsdienst zu Missbrauchen finde ich eben nicht richtig.

Neumi
Kathrin
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Kathrin »

@Georg, bitte entschuldige aber ich glaube weder Du noch irgend jemand kann sich in die Lage von Marlies rein versetzen. Wenn Sie schon öffentlich um Hilfe fragt, scheint fuer mich die Situation sehr hilflos. Das auch noch mit dem Fuchs auf der Autobahn zu vergleichen, sorry habe ich keine Worte.

@Stefan, ueber diese Beiträge hab ich mich schon aufgeregt. Ehrlich gesagt kommt mir da die ..... hoch. Wahrscheinlich ist es fuer manch einen aufregender spektakulere Sensationzeilen zu lesen.
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Micha
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Micha »

Ich denke, Georg wollte verdeutlichen, daß bei einem Anruf im Hätäkeskus sofort Sanitäter und Polizei anmarschieren würden. Das dürfte im oben besprochenen Fall nicht beabsichtigt sein und daher die Erklärung.
Auch meines Erachtens dürfte eine erste entschlossene Meldung bei Turvakoti, Sozialamt o.ä. der richtige Schritt sein.

Hoffentlich bringt es etwas und die Betroffene bekommt Hilfe und neue Perspektiven.
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Georg
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Georg »

Liebe Kathrin,

vielen Dank für die freundliche Unterstellung. Dir hätte bei genauer Lektüre auffallen können, dass ich Marlies Fall durchaus ernstnehme. Ob ihr Fall deswegen an die Alarmzentrale gehört, steht jedoch auf einem anderen Blatt. Das versuchte ich - wie Micha richtig vermutet - darzustellen.

Aufgrund der Informationen, die Marlies uns hier gegeben hat, würde ich vermuten, dass der Sachbearbeiter sie einfach an den Sozialdienst verweist, und dann das Telefonat beendet. Natürlich kann es sein, dass Marlies noch andere Informationen weitergeben würde als an uns, und dann könnte schon sein, dass der Sachbearbeiter anders entscheidet. Ich habe nicht gesagt, dass sie unter keinen Umständen dort anrufen darf.

Das folgende mag vielleicht nur wenige interessieren, ich versuche dennoch mal die andere Seite hier etwas darzustellen:
Der Sachbearbeiter auf der Alarmzentrale hat nicht unbegrenzt Polizei, Krankenwagen und Feuerwehrfahrzeuge zur Verfügung. Wieviel er verwenden kann, entscheiden andere, nämlich u.a. die Gemeinden und der Staat.
Zudem erhält er Vorgaben, bei welcher Lage er welche Einheiten zu alarmieren hat. Z.B. werden bei einem Mülleimerbrand nur ein Löschfahrzeug und nicht zehn in Marsch gesetzt. Anderherum wird in Helsinki bei einem Herzstillstand das nächste Feuerwehrfahrzeug (mit ausgebildeten Rettungssanitätern), der Notarzt und ein Rettungswagen alarmiert, und nicht nur ein Krankenwagen.
Zudem hat der Sachbearbeiter die Zeitvorgabe, in 60 Sekunden anhand des Notrufes zu entscheiden, welche Hilfe der Betroffene braucht; weitere 30 Sekunden bleiben für die Entscheidungsfindung und die Alarmierung.

Bei gesundheitlichen (also auch psychischen) Fällen muss er also innerhalb dieser Vorgaben entscheiden, ob der Patient a) unverzügliche Hilfe (Blaulichttransport), b) schnellen, aber nicht ganz so dringenden Transport (muss ins Krankenhaus, aber kann ein bischen warten) braucht oder ob er c) zu regulären Zeiten ins Gesundheitszentrum gehen kann. Die Abwägung dabei ist immer: schicke ich in einem weniger dringenden Fall den Rettungswagen, ist derselbe nicht mehr in Alarmbereitschaft und fehlt deswegen vielleicht, wenn kurz danach ein Herzstillstand passiert: der Krankenwagen kann nicht ausrücken, da er bei einem anderen Einsatz gebunden ist.

Diese Erwägungen mögen einem Außenstehenden kalt und fast gleichgültig erscheinen. Ich habe jedoch selbst als am Einsatz beteiligter bereits ein paar Mal erlebt, dass das Rettungswesen zu 100% ausgelastet war, und nur durch schieres Glück und harte Arbeit die Lage unter Kontrolle blieb. Ich bitte daher, bei allem Verständnis für die Not der Betroffenen, darum, dass man auch versucht, etwas Verständnis für die Helfer zu zeigen. Die Helfer müssen immer die Gesamtheit im Auge behalten und können sich nicht alleine auf eine Person konzentrieren, wenn es auch andere Hilfebedürftige gibt. Die Helfer und die Sachbearbeiter in der Alarmzentrale sind - im Guten wie im Bösen - auch nur Menschen. Dazu gehört, dass sie ihr möglichstest tun, um Menschen zu helfen. Mehr als ihr Bestes können sie aber nicht tun. Und natürlich passieren dabei leider auch Fehler, auch wenn das in einer perfekten Welt nicht sein dürfte.
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Neumi
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Neumi »

Stefan hat geschrieben:
Marlies hat geschrieben:Wir streiten uns nur noch und er macht mich psychisch total fertig.
Das klingt für mich schon nach etwas mehr. Man muß ja nun nicht drauf warten, daß der psychischen Gewalt die physische folgt...
Trotzdem nach einem Notfall klingt das (noch) nicht, eher nach einer auswegslosen Situation. Er hat sie nicht eingesperrt oder sowas Ähnliches, also kann sie durchaus auf "normalen" Weg Hilfe ersuchen und hier wird Ihr mit Lumis Link doch sehr geholfen.
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Lumi
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Lumi »

Vielleicht war es doch nicht so ’ne gute Idee, dieses Thema vom Ursprünglichen abzuspalten.
In DIESEM Thread hat keiner (meiner Meinung nach) die Situation von Marlies heruntergespielt, trotzdem diskutiert Ihr Euch die Köpfe heiß.
In Marlies’ ursprünglichem Thread hingegen (und das wird sie sicher eher lesen als dieses hier) steht jetzt als letztes Röllis “aufmunternde” Meinung, der sogar Frauenhaus und Sozialamt als übertrieben und überflüssig ansieht... hang
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Georg
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Georg »

Lumi hat geschrieben:Vielleicht war es doch nicht so ’ne gute Idee, dieses Thema vom Ursprünglichen abzuspalten.
Sieht so aus.
Lumi hat geschrieben:In Marlies’ ursprünglichem Thread hingegen (und das wird sie sicher eher lesen als dieses hier) steht jetzt als letztes Röllis “aufmunternde” Meinung, der sogar Frauenhaus und Sozialamt als übertrieben und überflüssig ansieht... hang
Ich halte es nicht für undenkbar, dass nach Roellis Ansicht in Wirklichkeit der "arme Marokkaner" Opfer von weiblichem Psychoterror ist.
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Tenhola
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Tenhola »

Es scheint, dass wir hier einige Psychiater mit unterschiedlicher Meinung unter uns haben.
Was mich an der ganzen Angelegenheit stört ohne Marlies zu nahe zu treten, ich möchte vielleicht auch die andere Seite mal hören, nämlich die des Ehemannes.
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roelli
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von roelli »

Lumi hat geschrieben: In Marlies’ ursprünglichem Thread hingegen (und das wird sie sicher eher lesen als dieses hier) steht jetzt als letztes Röllis “aufmunternde” Meinung, der sogar Frauenhaus und Sozialamt als übertrieben und überflüssig ansieht... hang
Frauenhaus und Sozialamt das wurde ich eher als Katalysator betrachten, da würde ich das Gespräch mit dem Pastor vorziehen!
Beide sind jung haben eine kleine Tochter, das ist sicher kein einfache Zeit für Beide. Dann die Allgemeine Situation von beiden, Ausländer hier in Finnland, er Marokkaner. Ich weiss jetzt nicht, ob das alles und noch viel mehr schon mal in Ruhe durchgesprochen wurde.
und er war immer gut zu mir.
Doch nach der Hochzeit hatte er sich total verändert...Wir streiten uns nur noch und er macht mich psychisch total fertig.Er luegt,arbeitet nicht,trifft sich nur mit seinen Freunden....usw.
Ich will dieses Leben so nicht mehr leben !
Wenn man sich das ein paar Mal durchliest, und das sind die einzigen Angaben zur Situation, ist es sehr wenig.
Dann möchte sie durchmaschieren bis zum Alleinigen Sorgerecht, das halte ich auch heute in D für nicht mehr ganz so einfach.
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Georg
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Georg »

@Tenhola: wir reden da über zwei unterschiedliche Sachen. Lass es mich mit einem Herzinfarkt vergleichen. Wenn der Alarmzentrale von der Tochter gemeldet wird, dass ihr Vater einen Herzinfarkt hatte, dann wird nicht erst nach der Meinung der Ehefrau gefragt, sondern der Rettungswagen hingeschickt. Vor Ort wird dann wahrscheinlich auch die Ehefrau interviewt, was denn passiert ist.
Genauso hier: Marlies fühlt sich bedroht, also will sie Hilfe. Die Frage, die wir diskutieren, ist wie akut dieses Hilfebedürfnis ist. Die Frage, welche Form der Hilfe Marlies und ev. auch andere Beteiligte brauchen, das ist dann den Experten zu überlassen. Es ist relativ realistisch, die Informationen, die Marlies uns gegeben hat, mit den Informationen zu vergleichen, die die Alarmzentrale am Telefon erhalten kann.
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Tenhola
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Tenhola »

Ich meine die 112 ist richtig bei einer Bedrohung auf das Leben, dann brauchts aber keinen Krankenwagen sondern die Polizei. Wie schon oben gesagt, meine ich auch, dass das Sozialamt zuständig ist. Ich glaube aber das Vorgehen ist doch hier auch nicht anders als in DE.
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Tenhola
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Tenhola »

Stefan hat geschrieben: Das Sozialamt hat keine Vollstreckungsbefugnisse.
Es geht doch nicht um Vollstreckungsbefugnisse sondern vor allem um Hilfe bzw. Auskuenfte.
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Neumi
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Re: Notrufe - abgespalten von Scheidung in Finnland

Beitrag von Neumi »

Stefan hat geschrieben:Stichwort "Gefahrenabwehr". Wenn sich jemand entschließt, aus einer - hm - repressiven Beziehung auszubrechen und eine Schutzeinrichtung aufzusuchen, sollte die Polizei aus o.g. Gründen anwesend sein um eine Eskalation zu verhindern.
Bevor sie sich zu dem Schritt beschliesst sollte sie auf jeden Fall um profesionelle Hilfe bitten. Da die Situation ja nicht über die Nacht so geworden ist, sondern sich seit der Hochzeit Schtritt für Schritt so entwickelt hat, hat sie noch durchaus Zeit auf "normalen" Weg um Hilfe zu bitten. Ob dann die Polizei beim Zeitpunkt des "Entscheids" anwesend sein soll oder nicht, kann ich genau so wenig beurteilen wie Du, aber einen Grund für 112 sehe ich nach wie vor keinen.
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