Dialekt mit den Kindern?

Fragen zum Familienleben: Partnerschaft sowie Kinder im deutsch-finnischen Umfeld.
maxxl
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Dialekt mit den Kindern?

Beitrag von maxxl »

Wir Schwaben können ja bekanntlich alles außer ...

Seit ich in Finnland bin hab ich mir allerdings angewöhnt Hochdeutsch zu sprechen, soweit das eben für einen Schwaben möglich ist. Bei mir und meiner Frau war die Kommunikationssprache von Anfang an Deutsch. Ich wollte sie dann nicht total mit meinem Schwäbisch verwirren und habe auch ganz automatisch angefangen mit ihr Hochdeutsch zu reden.

Obwohl mein kleiner Sohn noch nicht sprechen kann (ausser dada) stelle ich jetzt schon fest, daß ich automatisch auch mit ihm hochdeutsch rede. Irgendwie ist das ja schon schade, daß er dann ohne Dialekt aufwächst. Auf der anderen Seite ist es wahrscheinlich unmöglich einen Dialekt zu lernen wenn man nicht in der Region wohnt wo er gesprochen wird. Er wird ja dann zumindest im Finnischen einen Dialekt haben.

Würde mich interessieren wie das mit Euren Kinder läuft die schon sprechen können. Wenn beide Partner muttersprachlich deutsch sind ist es wahrscheinlich kein Problem seinen Dialekt zu bewahren, aber bei den anderen?
Georg

Beitrag von Georg »

Auch wenn ich gebürtiger Stuttgarter bin, so hält es sich ob meiner norddeutschen Eltern (die Norddeutschen können sich dann wieder totlachen, was bei uns als norddeutsch läuft) mit dem Dialekt eher in Grenzen und ich habe in den 8 Jahren hier auch etliches verloren. Ich vermeide es jedoch nicht aktiv. Die Paten von unserem Älteren sind Schwaben, und reden selbstverständlich schwäbisch mit unserem Nachwuchs. Gut so, denn sie sollen zumindest verstehen lernen.
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Antje
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Beitrag von Antje »

Komme aus einer relativ dialektfreien Gegend bzw. habe mich seit Kindheit bemüht /bemühen müssen, Hochdeutsch zu sprechen (Lehrerkind :roll: :wink: )

Meine Kinder im spachfähigen Alter (mamamam haben wr auch noch :wink: ) sprechen Deutsch mit finnischen Akzent, d.h. Sprachmelodie, Betonung sind finnisiert, im Englischen rollen sie das "R", was zuweilen recht lustig ist. Man hört also, dass sie keine reinen Muttersprachler sind. Sprache zu Hause ist Englisch, ich allein spreche mit den Kinderd dt., allerdings hören sie mich natürlich auch oft engl. reden.

Denke immer öfter über mögliche Probleme nach. Hoffe, sie können dt. /engl. wieder richtig lernen, wenn wir mal das Domizil verlegen. Ansonsten müssen wohl elocution lessons her. Habe gestern gerade zufällig mit einer alten Bekannten telephoniert, die Logopädin ist, und die werde ich demnächst mal ordentlich grillen, was zu machen ist.

Ich kenne allerding hier einen Vierjährigen, dessen Vater bayrisch spricht (seine finn Frau hat auch leichten bayr. Akzent) und der Junge klingt ganz und gar bayrisch. Es geht also doch - nur, wenn Du hochdt. sprichst, dann natürlich langsamer.

Da sieht man mal, was man alles aufgibt, wenn man das Land verlässt. Oder werden einfach nur andere Dinge wichtiger? Ich denke schon, dass Sprache als soziales Medium wichtig ist und man leicht abgedrängt, herausgestellt wird, wenn man die Register/Dialekte nicht beherrscht - zumindest in einigen sozialen Gruppen/Bereichen. Die Frage ist, ob das greifbare, tatsächliche Auswirkungen auf die Persönlichkeit hat.

Beispiel: würden meine Kinder in einer dt./engl. Schule als anders herausgestellt werden, weil sie einen finn Akzent haben? Wenn ja, würde ihnen das was ausmachen, würden sie /ihre Leistungen leiden? Oder würden sie im Gegenteil Vorteile davon haben? So etwas weiss man leider immer erst im Nachhinein, was oft frustrierend ist, denn man will ja nur das Beste für seine Kinder und würde gern alles richtig machen. Aber ach, dass das nicht geht, muss man auch erst lernen...(im Nachhinein :wink: )
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Micha
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Beitrag von Micha »

Ich spreche keinen starken Dialekt, aber abgelegt wegen meiner finnischen Frau hab' ich ihn nicht.

Meine Kinder haben somit also auch ein wenig schwäbischen Dialekt, warum auch nicht?!
Mein Sohn sagt z.B. "Weisch was?"
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Neumi
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Beitrag von Neumi »

Gutes Thema !

Für mich als Schweizer ist ja Hochdeutsch die erste Fremdsprache sozusagen. Da ich mit meiner Frau immer Hochdeutsch sprechen (jaja ich weiss Ihr Deutschen würdet euch sicher krumm lachen, was ich als Hochdeutsch bezeichne), habe ich mir angewöhnt auch mit meinen Kindern Hochdeutsch zu sprechen, da die Vielfalt irgendwie zu gross würde. Ich spreche Hochdeutsch mit meiner Frau, Schweizerdeutsch mit den Kindern, sie spricht Schwedisch mit den Kindern und auf der Strasse müssen sie dann auch noch Finnisch lernen.
Ausserdem habe auch das Gefühl, dass Hochdeutsch meinen Kindern vielmehr nützt als Schwyzerdütsch und alle TV Programme (DVD's) / Vorlesebücher sind ja auch auf Hochdeutsch. Falls sie dann später interesse haben, können sie gerne von mir auch den Dialekt lernen. Teilweise verstehet mein Älterster schon Schyzerdütsch durch die Kontakte vom Schweizerklub.

Gruss
Neumi

P.S. Trotzdem ärgerts mich manchmal, dass ich mit meinen Kindern nicht meine richtige Muttersprache spreche.
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Antje
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Beitrag von Antje »

alle TV Programme (DVD's) / Vorlesebücher sind ja auch auf Hochdeutsch. Falls sie dann später interesse haben, können sie gerne von mir auch den Dialekt lernen. Teilweise verstehet mein Älterster schon Schyzerdütsch durch die Kontakte vom Schweizerklub.
Hatte gerade diese Diskussion mit einer Freundin, die auch Schweizerin ist. Ist denn Schwyzerdütsch nun ein Dialekt oder eine andere Sprache (Rätoromanisch) oder ist das nochmal was anderes. Bitte entschuldige meine Ignoranz. Wenn Schwyzerdütsch nun ein Dialekt ist, verstünden Deine Kinder dann automatisch Hochdeutsch, selbst wenn sie in schwyzerdütscher Umgebug aufwüchsen?
Wenn Du ihnen vorliest, liesst Du dann das hochdt. Geschriebene in schwyzerdütschen Dialekt?
Zuletzt geändert von Antje am Do Nov 23, 2006 11:57 am, insgesamt 2-mal geändert.
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Ninni
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Beitrag von Ninni »

Schweizerdeutsch ist ein alemanischer Dialekt. Da es sich aber von der Hochsprache teilweise sehr stark unterscheidet ist es nicht gesagt, dass Kinder automatisch auch Hochdeutsch verstehen. Auch manche (oder alle? :D ) Wörter sind einfach ganz anders bzw bedeuten unterschiedliches. Allerdings wird in Schulen Hochdeutsch gesprochen. (man lernt das dann :D )
Rätoromanisch gehört zu einer der vier offiziellen Sprachen der Schweiz und mit dem Italienischen verwandt. Es hört sich auch auf dem ersten Blick an wie ein italienischer Dialekt.

Wir sprechen eine bunte Mischung zwischen Finnisch und Deutsch. Beim Deutschen spricht mein Freund Hochdeutsch mit mir (oder das, was er für Hochdeutsch hält:D Jeder Andere würde wahrscheinlich Schweizerdeutsch dazu sagen :D )..allerdings benutzt er die schweizer Ausdrücke für allerlei :) Auch wenn ich Glarnerdeutsch gut verstehe..er findet es "komisch" mit mir Dialekt zu sprechen. Einerseits, weil er schon immer Hochdeutsch mit mir spricht, andererseits weil ich selber Hochdeutsch spreche und es so ungewohnt wäre auf Dialekt zu antworten/weiterzusprechen.
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Neumi
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Beitrag von Neumi »

Wenn Schwyzerdütsch nun ein Dialekt ist, verstünden Deine Kinder dann automatisch Hochdeutsch, selbst wenn sie in schwyzerdütscher Umgebug aufwüchsen?
Ninni hat es ja schon gut erklärt. In der Schweiz ist das ganze kaum ein Problem, jeder versteht Hochdeutsch (beim Sprechen haperts jedoch bei vielen :roll: ), den die Zeitungen, Fernseher etc. kommt ja alles auf Hochdeutsch, mal von wenigen Schweizerischen Sendungen abgesehen.
Hier in Finnland jedoch, weil der Kontakt zu anderen deutschen Kindern / Medien kaum vorhanden ist, würden meine Kinder praktisch nur was ich mit Ihnen spreche lernen, also würden sie Hochdeutsch erst erlernen müssen.

Schwaben verstehen uns vielleicht noch, aber ein Norddeutscher würde nix verstehen, wenn wir mal mit Schwyzerdütsch loslegen.

Ausserdem gibt es viele verschiedene Schwyzerdütsch Dialekte, praktisch jeder Kanton hat seine eigenen Ausdrücke. Dadurch gibt es aber keine Kommunikationsschwierigkeiten innerhalb der Schweiz, ausser vielleicht mit den Walliser, die versteht kaum einer. :P
maxxl
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Beitrag von maxxl »

Ich denke bei uns wird das auch so laufen. So lange wir in Finnland wohnen wird das nichts mit einem deutschen Dialekt. Ausser vielleicht manchen Süddeutschen Ausdrücken. Meine Frau benutzt z.B. auch ständig "weisch" worüber in meiner Heimat immer anerkennend gelacht wird. Das ist dann eher ein Akzent als ein Dialekt.

Der Dialekt gehört halt zur Region wo man wohnt. Wenn man innerhalb Deutschlands umzieht mit kleinen Kindern, nehmen die ja dann auch den Dialekt der neuen Region an und sprechen nicht den der Eltern. Vielleicht klappt es ja noch falls wir noch mal umziehen. Ob das klappt ist glaube ich sehr verschieden von Person zu Person. Manche Erwachsene sind in der Lage Dialekte komplett anzunehmen oder sprechen z.B. mit britischem Akzent nach einem Jahr England Aufenthalt. Bei manchen anderen ist das eher hoffnungslos.

Mit meinen Eltern und Bekannten aus der Heimat kann ich übrigends nicht Hochdeutsch sprechen. Da käme ich mir lächerlich vor. Am Telefon ist meist der erste Satz noch auf Hochdeutsch, aber sobald ich eine schwäbische Antwort bekomme ist der Schalter umgelegt. Meine Frau versteht mittlerweile auch alles. Vor 6 Jahren war das noch anders, ein paar meiner Bekannten sind wirklich nicht in der Lage annährend hochdeutsch zu sprechen, mit denen hatte sie anfangs große Probleme.
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Kristina
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Beitrag von Kristina »

Ich komme aus Norddeutschland und bin froh Hochdeutsch zu sprechen. Ich würde meinem Kind keinen Dialekt beibringen. Ich finde diese deutschen Dialekte, nicht so toll... ich meine, was soll das? Ok, kann man jetzt natürlich gegen argumentieren, will auch keine Diskussion anfangen.
Aber ich denke es ist wichtig das ein Kind richtiges Deutsch sprechen kann. Was nützt es einem wenn man zb Bayrisch spricht. Da kann man finde ich nicht in den CV schreiben ich spreche Deutsch. Niemand außer den Bayern würde einen verstehen.
Insofern finde ich es sehr Sinnvoll seinem Kind Hochdeutsch beizubringen!
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Kristina
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Beitrag von Kristina »

Weiterhin ist es so das in höheren Kreisen Hochdeutsch gesprochen wird. Für mich haben all diese Dialekte so einen miesen Beigeschmack. A la, Arbeitersprache... Will jetzt keinem zu Nahe treten aber in der Regel habe ich die Erfahrung gemacht das Leute mit höherem Bildungsstandart keine Dialekte sprechen. Man stelle sich mal einen Manager vor, Icke finde.. *grusel* :shock:
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Micha
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Beitrag von Micha »

Naja, Kristina, wer Dialekt spricht kann in der Regel auch ohne weiteres solides Hochdeutsch, Verständnisschwierigkeiten gibt es nicht so schnell.

Dialekte fügen zur nationalen Identität (Sprache Deutsch o.a.) noch eine regionale hinzu und es würde mir sehr fehlen, wenn mir in meinem regionalen Umfeld in D diese Erfahrung verwehrt bliebe.
Es erzeugt neben der Heimat auch im Ausland ein besonderes Zusammengehörigkeits- und Verständnisgefühl - auch wenn es nicht für alle Gesprächssituationen angebracht ist und von manchen als provinziell abgetan wird. Da kann man es ja ohne Probleme weglassen.

Wer dies nicht kennt, dem fehlt in meinen Augen etwas!
In Hamburg gibt es doch auch Dialekt! :o
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Georg

Beitrag von Georg »

@Kristina
Ich kenne u.a. einen Richter, einen Staatsanwalt, Ärzte etc pp., die in der Freizeit breites Schwäbisch reden und bei der Arbeit hochdeutsch; Dialekt mit Dummheit oder fehlender Bildung gleichzustellen, zeugt also nicht unbedingt von Sachkenntnis, sondern eher von Überheblichkeit. Man kann ja auch nicht umgekehrt die Paralelle hochdeutsch redend = gebildet ziehen.

Um Asterix zu zitieren "Si tacuisses, philosophus mansisses"
tina
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Beitrag von tina »

@kristina: die norddeutschen sprechen auch im dialekt!
nur, dass er natürlich nicht so stark ist wie zB schwäbisch.

ich finde, dass man starke dialekte gar nicht unterdrücken kann. nur wenige können tatsächlich hochdeutsch sprechen. daher denke ich, werden die kinder auch automatisch ein bischen dialekt "abbekommen". man kann sich gar nicht dagegen aussprechen. :)
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Anita
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Beitrag von Anita »

Ich selber stamme aus dem Ruhrgebiet und unserer Ruhrpottslang gehört sicherlich nicht zu den schönsten Dialekten/Mundarten und wird sehr oft als Arbeiterdeutsch angesehen. Das wird natuerlich durch Sendungen wie "Alles Atze" & Co noch verstärkt. Aber es ist ja nun einmal so, dass der Arbeiteranteil im Ruhrgebiet (durch die ehemaligen Kohlevorkommen und Stahlindustrie) sehr hoch ist. Ist doch nichts Schlimmes! Das Ruhrgebiet hat eine entscheidende Rolle fuer die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands gespielt. Nur mit "höheren Kreisen" funktioniert eine Volkswirtschaft denn auch nicht!
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