Unlängst suchten wir für unsere Firmengruppe eine/n Mitarbeiter/in im mittleren Kader. Ausgeschrieben wurde ein Vollzeitjob in der Hauptstadtregion, der auf Jahre hinaus persönliche und berufliche Sicherheit bietet. Bewerbungen sollten mit E-Mail zugestellt werden, womit den Interessenten alle “Spielarten” der elektronischen Kommunikation offen standen. Selbstverständlich war die Ausschreibung geschlechts-, alters- und herkunftsneutral. Allerdings verlangten wir Finnisch in Wort und Schrift.
Eingegangen waren 25 Bewerbungen. Zwei davon waren sehr gut, drei weitere gut und der Rest (vier Fünftel!) waren mangelhaft und in ein paar Fällen in den Anstellungsvorstellungen klar ausserhalb des angebotenen Profils. Angesichts der heutigen Beschäftigungslage in diesem Land (Arbeitslosenrate 8,5 %, Jugendarbeitslosenrate 20 %+) stimmte uns die im Durchschnitt dürftige Qualität des Rücklaufs recht nachdenklich.
Die beiden sehr guten Bewerbungen gingen prägnant auf den Ausschreibungstext ein, indem z.B. darin verwendete Begriffe verwendet und so schon eine gemeinsame Verständigungsebene angestrebt wurde. Die drei guten Bewerbungen waren weniger optimal, stimmten aber mit dem Anforderungsprofil überein.
Bei den mangelhaften Bewerbungen mussten wir u.a. z.B. feststellen, dass:
* Anwendungskenntnisse von MS Word (immerhin eine Office-Anwendung, die einer/einem Mitarbeiter/in im mittleren Kader in der Hauptsache geläufig sein sollte) mangelhaft waren;
* Rechtschreib-, Textgliederungsmängel und Textverarbeitungsfehler in einer Zahl auftraten, die wir nicht ignorieren konnten;
* mehrere Bewerbungen waren Dutzendware ohne spezifisch auf den ausgeschriebenen Job einzugehen, was Zweifel an einem echten Interesse hegte;
* über die Hälfte aller Stellenbewerbenden kein Foto beistellten, wobei wir selbstverständlich ein solches nicht als ausschlaggebend gewertet hätten, aber ein Foto gehört heutzutage einfach dazu;
* einige sich dazu verleiten liessen Dinge in die Anstellungsvorstellungen einzubringen, die besser auf ein eventuelles persönliches Gespräch vertagt werden sollten.
Was meint ihr, wie sollte ein Bewerbungsschreiben aufgesetzt werden um sich damit Chancen auf eine Einladung zum Vorstellungsgespräch auszurechnen?
Stellenbewerbungen in Finnland
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Re: Stellenbewerbungen in Finnland
Wir hatten vor zwölf Jahren oder so mal eine offene Stelle, auf die wir über 100 Bewerbungen bekamen. Über 80% davon konnte man sofort in die Tonne befördern. Das wird sich wohl nie ändern. Schade um die verschwendete Zeit auf beiden Seiten.
Ich hätte eigentlich auch gedacht, dass Arbeitgeber momentan mit Bewerbungen überschüttet werden. Wo hattet ihr denn Anzeigen geschaltet?
MS Word wird in meiner Branche (IT) oft als Zeichen gewertet, dass der Bewerber die Technik nicht beherrscht. PDF ist da eher das Mittel der Wahl oder es gibt gleich Webformulare, wo man alles in die entsprechenden Felder eintippt.
Fotos sind hier fast immer dabei, es gibt aber scheint's auch ein paar Leute, die sich nach amerikanischen Sitten richten, und da sind so Dinge wie Fotos, Altersangabe u.ä. ein absolutes No Go. Finde ich vom Grundgedanken eigentlich nicht schlecht. Ein Bekannter hat vor zwanzig Jahren mal seine Bewerbung mit einem aus Versehen vertauschten Foto zurückbekommen. Das Tauschfoto sah aus wie frisch von der Fahndungsliste. Das fand der damals nicht so lustig.
In erster Linie interessieren natürlich die Qualifikationen für den Job und die sollte man durch den bisherigen Lebenslauf und vergangene Projekte konkret nachweisen können. Persönlicher Kram interessiert mich in einem Anschreiben nicht, das kann höchstens schaden sofern es nicht unmittelbaren Bezug zur ausgeschriebenen Stelle hat.
Ich hätte eigentlich auch gedacht, dass Arbeitgeber momentan mit Bewerbungen überschüttet werden. Wo hattet ihr denn Anzeigen geschaltet?
MS Word wird in meiner Branche (IT) oft als Zeichen gewertet, dass der Bewerber die Technik nicht beherrscht. PDF ist da eher das Mittel der Wahl oder es gibt gleich Webformulare, wo man alles in die entsprechenden Felder eintippt.
Fotos sind hier fast immer dabei, es gibt aber scheint's auch ein paar Leute, die sich nach amerikanischen Sitten richten, und da sind so Dinge wie Fotos, Altersangabe u.ä. ein absolutes No Go. Finde ich vom Grundgedanken eigentlich nicht schlecht. Ein Bekannter hat vor zwanzig Jahren mal seine Bewerbung mit einem aus Versehen vertauschten Foto zurückbekommen. Das Tauschfoto sah aus wie frisch von der Fahndungsliste. Das fand der damals nicht so lustig.
In erster Linie interessieren natürlich die Qualifikationen für den Job und die sollte man durch den bisherigen Lebenslauf und vergangene Projekte konkret nachweisen können. Persönlicher Kram interessiert mich in einem Anschreiben nicht, das kann höchstens schaden sofern es nicht unmittelbaren Bezug zur ausgeschriebenen Stelle hat.
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Re: Stellenbewerbungen in Finnland
Beim öffentlichen Portal des Arbeitsamtes (MOL). War wohl wegen dem vielseitigen Anforderungsprofil, dass nicht mehr Bewerbungen eingegangen waren. In meinem nahen Umfeld wurde ein ähnlicher Job (aber ohne Kaderfunktion) bei MOL ausgeschrieben, und es kamen die typischen rund 150 Bewerbungen herein. Dieses MOL-Portal sollte eingentlich schon längst gründlich überarbeitet werden.fax hat geschrieben:Ich hätte eigentlich auch gedacht, dass Arbeitgeber momentan mit Bewerbungen überschüttet werden. Wo hattet ihr denn Anzeigen geschaltet?
Das ist auch so eine Feststellung, dass i.d.R. die Attachmentes nicht passwortgeschützt waren. Uns ging es weniger um das Format als dass die Bewerbungen ansprechend und zweckdienlich aufgesetzt waren. Auch weil wir daraus in Grundzügen sehen wollten wie ein/e Interessent/in die Firmengruppe nach aussen zu kommunizieren imstande wäre.fax hat geschrieben:MS Word wird in meiner Branche (IT) oft als Zeichen gewertet, dass der Bewerber die Technik nicht beherrscht. PDF ist da eher das Mittel der Wahl oder es gibt gleich Webformulare, wo man alles in die entsprechenden Felder eintippt.
Ja durchaus. In der öffentlichen Diskussion lässt sich aber ein Anspruch auf das Unterlassen von solchen Attributen hierzulande nicht feststellen. Allein schon ein exotischer Familienname kann einen Interessenten ohne sachlichen Grund aus dem Rennen werfen.fax hat geschrieben:Fotos sind hier fast immer dabei, es gibt aber scheint's auch ein paar Leute, die sich nach amerikanischen Sitten richten, und da sind so Dinge wie Fotos, Altersangabe u.ä. ein absolutes No Go. Finde ich vom Grundgedanken eigentlich nicht schlecht.
Hierzu erwähnte ich in meinem Beitrag die "Spielarten", die eine digitale Bewerbung mitsichbringt. Da kann man doch einiges verlinken, von Websites früherer Arbeitgeber über Docs zu Youtube-Einspielungen. Wurde von niemandem gemacht. Irgendwie ist man im vorigen Jahrhundert zurückgeblieben.fax hat geschrieben:In erster Linie interessieren natürlich die Qualifikationen für den Job und die sollte man durch den bisherigen Lebenslauf und vergangene Projekte konkret nachweisen können.
Grossfirmen machen auch in Finnland bereits Vorinterviews über Skype. Dass eine solche relativ neue Dimension eine ganze Anforderungspalette neuer Selbstdarstellungskriterien auf den Plan ruft, damit könnten sich beispielsweise die zahlreichen Ammattiliittos beschäftigen. Andere im Ausland tuns nämlich schon.
Re: Stellenbewerbungen in Finnland
Im Kurs: "Työelämä suomea maahanmuuttajille" hat man mir beigebracht, dass man in Finnland kein Foto beilegt.
Der ganze Aufbau der Bewerbungen war anders, als ich es aus Deutschland her kannte. Doch mit dieser Art Bewerbung hatte ich bisher keinen Erfolg und habe auf die alte, mir bekannte Art umgestellt und zumindest ist ein Gespräch dabei herausgesprungen.
Ich denke nur, wenn die Jugendlichen hier lernen solche Bewerbungen zuschreiben ist es kein Wunder, wenn sie sich mit Ideen zum Hervorheben schwer tun.
Man denkt ja erst mal, man macht es richtig so.
Der ganze Aufbau der Bewerbungen war anders, als ich es aus Deutschland her kannte. Doch mit dieser Art Bewerbung hatte ich bisher keinen Erfolg und habe auf die alte, mir bekannte Art umgestellt und zumindest ist ein Gespräch dabei herausgesprungen.
Ich denke nur, wenn die Jugendlichen hier lernen solche Bewerbungen zuschreiben ist es kein Wunder, wenn sie sich mit Ideen zum Hervorheben schwer tun.
Man denkt ja erst mal, man macht es richtig so.
Re: Stellenbewerbungen in Finnland
Ich denke ich kann nicht wirklich viel zu dem Thema beitrage, aber mal ein paar Stichworte:
- MOL alleine finde ich jetzt evtl. nicht ausreichend. LinkedIn wird in Finnland viel benutzt und ausserdem gibt es noch andere öffentliche Seiten, oikotie nur mal um noch eine zu nennen.
- Lebenslauf und evtl. angehängte Zusatzinformationen sind das A und O. Aber ein Anschreiben gehört auch dazu. Ob es nun einfach ist und passend ist, ein anderes Thema. Es soll ja dazu dienen, dass man den Lebenslauf aufmacht.
- PDF ist heute standard, alles andere einfach nichts, das macht man ja auch zwischen den Firmen so und versendet eigentlich keine PPT oder DOC (X) mehr, es sei denn jemand muss daran weiter arbeiten. Aber worum es hier geht, gilt als Präsentation. Für mich ist das schon ungefähr 14 Jahre klar.
- Das Problem mit der qualifizierten Bewerbung kenne ich aus FIN und GER gleichermassen. Habe schon handbeschriebenes Butterbrotpapier als Anschrieben gesehen. Die Sachbearbeiterin war so geschockt, sie musste es uns zeigen. Und selbst wenn es um einen Job im Lager gegangen wäre, wirklich der Hit was ich bisher gehört habe.
- Das mit dem Bild kann ich nachvollziehen und wäre sinnvoll, gehört aber wie ich meine dazu.
- Schwierig finde ich wird es mit dem Zivilstand. Ich glaube ich GER gehört er dazu, in FIN lasse ich es weg. Das hat nix mit einer Bewerbung zu tun. Herkunft hingegen schon.
- Was das aussehen des CV betrifft, habe ich verschiedenes gesehen und selber ausprobiert. Es gibt ein paar Grundregeln wie man bestimmte Dinge auflistet, die bei einem Berufsanfänger anders laufen können, als bei jemand mit mehrjähriger Berufserfahrung. Das Design kann ansprechend sein, sollte aber nicht verspielt sein. Am Ende kommt es darauf an die Qualifikation herüber zu bringen.
Ich glaube es gibt keine riesen Unterschiede in der Bewerbung in FIN und GER.
- MOL alleine finde ich jetzt evtl. nicht ausreichend. LinkedIn wird in Finnland viel benutzt und ausserdem gibt es noch andere öffentliche Seiten, oikotie nur mal um noch eine zu nennen.
- Lebenslauf und evtl. angehängte Zusatzinformationen sind das A und O. Aber ein Anschreiben gehört auch dazu. Ob es nun einfach ist und passend ist, ein anderes Thema. Es soll ja dazu dienen, dass man den Lebenslauf aufmacht.
- PDF ist heute standard, alles andere einfach nichts, das macht man ja auch zwischen den Firmen so und versendet eigentlich keine PPT oder DOC (X) mehr, es sei denn jemand muss daran weiter arbeiten. Aber worum es hier geht, gilt als Präsentation. Für mich ist das schon ungefähr 14 Jahre klar.
- Das Problem mit der qualifizierten Bewerbung kenne ich aus FIN und GER gleichermassen. Habe schon handbeschriebenes Butterbrotpapier als Anschrieben gesehen. Die Sachbearbeiterin war so geschockt, sie musste es uns zeigen. Und selbst wenn es um einen Job im Lager gegangen wäre, wirklich der Hit was ich bisher gehört habe.
- Das mit dem Bild kann ich nachvollziehen und wäre sinnvoll, gehört aber wie ich meine dazu.
- Schwierig finde ich wird es mit dem Zivilstand. Ich glaube ich GER gehört er dazu, in FIN lasse ich es weg. Das hat nix mit einer Bewerbung zu tun. Herkunft hingegen schon.
- Was das aussehen des CV betrifft, habe ich verschiedenes gesehen und selber ausprobiert. Es gibt ein paar Grundregeln wie man bestimmte Dinge auflistet, die bei einem Berufsanfänger anders laufen können, als bei jemand mit mehrjähriger Berufserfahrung. Das Design kann ansprechend sein, sollte aber nicht verspielt sein. Am Ende kommt es darauf an die Qualifikation herüber zu bringen.
Ich glaube es gibt keine riesen Unterschiede in der Bewerbung in FIN und GER.
Man soll bei allem was man tut immer man selbst bleiben.
Re: Stellenbewerbungen in Finnland
Skype wird bei uns auch eingesetzt. Ich habe neulich von jemandem gehört, der eine Kurzvorstellung von sich selbst machen musste. Man loggt sich dafür in einem Portal ein, wo ein Video über den Browser aufgenommen wird. Der Arbeitgeber kann sich die Videobewerbungen dann jederzeit anschauen.Vox borealis hat geschrieben:Grossfirmen machen auch in Finnland bereits Vorinterviews über Skype.
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Re: Stellenbewerbungen in Finnland
Danke erst einmal für eure Kommentare.
Interessant in manchen Kommentaren, dass das Bild zur Stellenbewerbung ein für und wider ergab. Ich denke aber, wenn schon kein Bild dann auch gleich alle anderen Kriterien weglassen, die die Entscheidungsträger einer Rekrutierung voreinnehmend beeinflussen können wie Alter, Geschlecht, Herkunft, Name. Etwa wie bei Ausschreibungen für grössere Aufträge, wo das Leistungsangebot und das Preisangebot gesondert einzureichen sind. Glaube aber nicht, damit die Arbeitswelt überzeugen zu können
Interessant in manchen Kommentaren, dass das Bild zur Stellenbewerbung ein für und wider ergab. Ich denke aber, wenn schon kein Bild dann auch gleich alle anderen Kriterien weglassen, die die Entscheidungsträger einer Rekrutierung voreinnehmend beeinflussen können wie Alter, Geschlecht, Herkunft, Name. Etwa wie bei Ausschreibungen für grössere Aufträge, wo das Leistungsangebot und das Preisangebot gesondert einzureichen sind. Glaube aber nicht, damit die Arbeitswelt überzeugen zu können
Finde ich ok. Wir haben heute mit der EU-Personenfreizügigkeit einen gemeinsamen europäischen Arbeitsmarkt und ich weiss nicht weshalb die Finnen in dieser Frage ihre eigene Suppe kochen wollen. Der Suchbegriff Job application examples oder requirements führt zu allgemeingültigen Beispielen wie ich sie in meinem Eingangsbeitrag zum Massstab genommen habe.Caroo hat geschrieben:Der ganze Aufbau der Bewerbungen war anders, als ich es aus Deutschland her kannte. Doch mit dieser Art Bewerbung hatte ich bisher keinen Erfolg und habe auf die alte, mir bekannte Art umgestellt und zumindest ist ein Gespräch dabei herausgesprungen.
Einige der Anschreiben in den von mir genannten Bewerbungen waren E-Mail-Einzeiler: "Anbei meine Bewerbung, s. Attachments" u. dgl. So etwas ist doch ungenügend. Beim Aufmachen eines Mails gewinnt man ja auch gleich einen ersten Eindruck des/der Stellensuchenden. Die Mehrzahl der Begleitmails war aber in dieser Hinsicht in Ordnung.vole04 hat geschrieben:Lebenslauf und evtl. angehängte Zusatzinformationen sind das A und O. Aber ein Anschreiben gehört auch dazu. Ob es nun einfach ist und passend ist, ein anderes Thema. Es soll ja dazu dienen, dass man den Lebenslauf aufmacht.
Diese neuen Rekrutierungsformen bedeuten für Stellensuchende noch höhere Anforderungen als bisher. Im Periodical meines Berufsverbandes (CH) gab es unlängst einen längeren Artikel über das Verhalten bei Videoaufnahmen: Kleidung, Frisur, Hintergrund, Artikulierung usw. Kann mir vorstellen, dass hierzu einmal Kurse angeboten werden, um sich telegen vorteilhaft ins Licht rücken zu können. Warten wirs ab.fax hat geschrieben:Skype wird bei uns auch eingesetzt. Ich habe neulich von jemandem gehört, der eine Kurzvorstellung von sich selbst machen musste. Man loggt sich dafür in einem Portal ein, wo ein Video über den Browser aufgenommen wird. Der Arbeitgeber kann sich die Videobewerbungen dann jederzeit anschauen.