Austritt Finnlands aus dem EURO?

Ideenaustausch zum Thema Leben in Finnland.
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fax
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Re: Austritt Finnlands aus dem EURO?

Beitrag von fax »

silversurfer hat geschrieben:Denn dann stellt sich mir die Frage, wer bei Lidl in Finnland einkauft und ganz scharf auf die deutschen Produkte ist? :lol:
Bei der Oktoberfestwoche treffe ich immer nur Deutsche vor den Kühltruhen. ;) Bei Lidl gibt es immer mehr finnische Produkte zu kaufen.
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lummelahti
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Re: Austritt Finnlands aus dem EURO?

Beitrag von lummelahti »

;) Bei Lidl gibt es immer mehr finnische Produkte zu kaufen.
Das kann ich, zumindest für einen Artikel, bestätigen. Ich persönlich mag sehr gerne Radischen. Egal ob im CM, Prisma, ABC usw. meist Ware aus Holland und vom Geschmack sowie Konsistenz, WASSER! Bei Lidl, finnische Ware, schmeckt wie bei Muttern, und hat die natürliche Schärfe! :D
Mit dem EURO, rein oder raus, hat das jetzt wenig zu tun, aber finnische Radischen schmecken so wie früher in Deutschland. Leider werden wir heute auch in Deutschland mit holländischer „ labber“ Ware überschwemmt und es ist sehr schwierig Früchte mit natürlicher Schärfe zu bekommen. Vielleicht schließt sich ja hier der Kreis zum EURO und europäischen Wettbewerb. Billig und Masse, der Verbraucher, seiner Macht nicht bewusst, bleibt auf der Strecke. :(

Grüße aus Litmaniemi
Frank
silversurfer

Re: Austritt Finnlands aus dem EURO?

Beitrag von silversurfer »

Bei Lidl gibt es immer mehr finnische Produkte zu kaufen.
Das ist jetzt kein Effekt, der mit dem EURO zu tun hat, sondern mit den finnischen Gewohnheiten und Vorlieben.
In den ersten Jahren, als LIDL auf den finnischen Markt ging, waren die Läden meistens leer. LLIDL musste sich erst an übliche finnische Einkaufssituationen anpassen.
Beispiel sind die in Finnland üblichen langen Packbereiche hinter den Kassen (in Deutschland ist der Bereich kurz und es geht direkt von der Kasse wieder in den Einkaufswagen und gepackt wird erst von dort aus).
Dazu kam die Einstellung "was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht".
Deshalb sind mittlerweile viele Produkte heimischer Art und werden auch bewusst so beworben und dargestellt (z.B. mit Flagge auf Schildern).
Und schon dauerte es nicht mehr lange und die LIDL-Märkte waren voll.
..Mitgliedschaft im EWG-Raum oder in dern Schengen-Area...
Hier zuerst eine Korrektur der Begriffe:
"EWG" wurde 1993 durch die "Maastricher Verträge" in "EG" umbenannt und ist so als identisch zu sehen. 2009 erfolgte eine Umbenennung in "EU" als eigene Rechtspersönlichkeit
Als Gegenstück gab und gibt es die "EFTA" als Freihandelszone. Die "EFTA" hat eine ausschliesslich wirtschaftliche Zielsetzung im Gegensatz zur "EU", in welcher z.B. auch rechtliche und politische Gemeinsamkeiten erreicht werden sollen.
Das "Schengener Abkommen" hat mit Zoll- oder Warenwirtschaft nichts zu tun, sondern regelt die allgemeine Reisefreiheit ohne länderspezifische Grenzkontrolle (Kontrolle lediglich an den Aussengrenzen). Hier sind auch Staaten, die nicht in der EU sind, vertreten (Schweiz) bzw. EU-Staaten sind nicht vertreten (Grossbritannien, Irland).

Bei einem EURO-Austritt von Finnland sehe ich Probleme primär im Aussenhandel und der Preiskalkulation bei schwankenden Wechselkursen.
Nehmen wir dazu einen in Finnland lebenden IT-Freelancer als Beispiel:
Wenn er seine Ergebnisse nicht ausschliesslich nur in Finnland vermarkten will, muss er für seine Preisgestaltung mit einem Wechselkurs kalkulieren, der aber ständig schwanken kann bis hin zu einer Abwertung. Dabei ist es nebensächlich ob er sich in Finnmark oder EURO bezahlen lässt, denn in Finnland kann er nur mit Finnmark bezahlen.
Das hat zur Folge, dass er immer die Gefahr hat, je nach Kursentwicklung zu billig (er verschenkt Geld) oder zu teuer (er verhindert Aufträge) anzubieten bzw. zu verkaufen.
Ihm fehlt ganz einfach eine als fix anzusetzende Rechengrösse.
Das ist ebenso bei allen Firmen und Unternehmen, die von Im- oder Export abhängig oder auch nur beeinflusst sind.
Sie haben dann nicht nur bei Fremdwährungsländern, sondern zusätzlich auch im EG-Raum mit Wechselkursrisiken zu kalkulieren.
schmittg
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Re: Austritt Finnlands aus dem EURO?

Beitrag von schmittg »

Ein interessanter Artikel heute in Focus-Online, der renommierte Ökonom Hans Werner Sinn spekuliert über einen mittelfristigen Austritt Finnlands aus der EU:

http://www.focus.de/finanzen/europaeisc ... 10267.html
Vox borealis
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Re: Austritt Finnlands aus dem EURO?

Beitrag von Vox borealis »

In der "Welt" ebenfalls: http://www.welt.de/wirtschaft/article15 ... oraus.html

Glaub ich aber nicht auch wenn es stimmt, dass Finnland unter den EU-Sanktionen gegen Russland von allen am meisten leidet. Irritierend ist überdies wie z.B. die schwedische Finanzministerin Magdalena Andersson Schwedens Nichtübernahme des Euro preist (Helsingin Sanomat v. 9.7.2016) wo doch sämtliche EU-Mitgliedländer die Einheitswährung zwingend übernehmen müssen. Die EU hat hierfür eine Deadline bis 2020 ausgesetzt.

Kurz noch wie das in Finnland war vor dem Beitritt zur EU. In den 70er Jahren gabs hier im Winter nur Wurzelgemüse. Teigwaren aus eigener Produktion waren fast unzubereitbar weil sie nicht aus Durumweizen gemacht waren. Aber wir habens überlebt :D .
silversurfer

Re: Austritt Finnlands aus dem EURO?

Beitrag von silversurfer »

wo doch sämtliche EU-Mitgliedländer die Einheitswährung zwingend übernehmen müssen
Das ist so wie es hier ausgedrückt ist nicht ganz korrekt.

Zuerst 2 Definitionen von Begriffen, die oft verwechselt werden:
Generell = ohne Ausnahme
Grundsätzlich = mit Ausnahmen
Beispiel:
- Generell muss jeder Mensch sterben
- Grundsätzlich ist Autofahren verboten, Ausnahme ist, wenn man einen gültigen Führerschein hat

Die Einheitswährung EURO innerhalb der EU ist grundsätzlich.
Ausnahme sind
2 EU-Länder, welche eine Befreiungsklausel vereinbart haben (Dänemark und Grossbritannien)
und
EU-Länder, bei denen die interne wirtschaftliche und/oder rechtliche Vorausetzung (noch) nicht vorhanden ist ("Konvergenz"). Hierzu gehört neben den neu der EU beigetretenen südosteuropäischen Ländern auch Schweden.

Nebenbei: Griechenland hat 2000 für den EURO-Beitritt Wirtschaftszahlen vorgelegt, welche sich im Rahmen der "Griechenland-Krise" nachträglich als Z E N S I E R T und B E S O N D E R S Z E N S I E R T herausgestellt haben. :lol:

Wenn Finnland unter den Russland-Sanktionen jetzt besonders leidet, dann haben sie in den vergangenen Jahren es einfach nur versäumt, breitere Absatzwege zu realisieren (genauso wie Nokia die technische Entwicklung bei Mobiltelefonen verschlafen hat) und sich nun weiter in Abhängigkeit zu einem wesentlichen früheren Handelspartner befindet.

Sie sind in der identischen Lage, die eine Zuliefer-Firma hat, welche von einem Grosskunden abhängig ist und dieser Kunde wird insolvent oder sucht sich andere Zulieferer.

Aber wie so gerne: Schuld haben die Anderen, egal, ob EU oder EURO.
MichaelR.
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Re: Austritt Finnlands aus dem EURO?

Beitrag von MichaelR. »

silversurfer hat geschrieben: Bei einem EURO-Austritt von Finnland sehe ich Probleme primär im Aussenhandel und der Preiskalkulation bei schwankenden Wechselkursen.
Nehmen wir dazu einen in Finnland lebenden IT-Freelancer als Beispiel:
Wenn er seine Ergebnisse nicht ausschliesslich nur in Finnland vermarkten will, muss er für seine Preisgestaltung mit einem Wechselkurs kalkulieren, der aber ständig schwanken kann bis hin zu einer Abwertung. Dabei ist es nebensächlich ob er sich in Finnmark oder EURO bezahlen lässt, denn in Finnland kann er nur mit Finnmark bezahlen.
Das hat zur Folge, dass er immer die Gefahr hat, je nach Kursentwicklung zu billig (er verschenkt Geld) oder zu teuer (er verhindert Aufträge) anzubieten bzw. zu verkaufen.
Ihm fehlt ganz einfach eine als fix anzusetzende Rechengrösse.
Das ist ebenso bei allen Firmen und Unternehmen, die von Im- oder Export abhängig oder auch nur beeinflusst sind.
Sie haben dann nicht nur bei Fremdwährungsländern, sondern zusätzlich auch im EG-Raum mit Wechselkursrisiken zu kalkulieren.
Kann man natürlich so sehen und damit hast du vollkommen Recht.

Könnte man aber auch wieder umdrehen und das ganze genau andersrum aufziehen: Mit einer Einheitswährung verlierst du dafür auch die Chance, von Wechselkursen zu profitieren.

Nehmen wir wieder den IT-Freelancer zum Beispiel, für den es momentan interessant ist, Geschäfte mit Norwegen oder der Schweiz zu machen und sich Kunden von dort zu suchen. Oder Software aus den USA zu kaufen oder in St. Petersburg Urlaub zu machen ;) VOR ALLEM wenn du NICHT NUR dich in Finnland aktiv sein möchtest, ist das eine rießen Chance ;)

Aber so ist es halt immer, für die Ängstlichen sind (stetige) Veränderungen ein Risiko und für die Wagemutigen eine ständige Chance....

Bei größeren Firmen ist es natürlich alleine durch die Größe schon komplexer, da sie nicht mal eben so wie der Freelancer schnell mal den Markt wechseln können.

Allerdings wäre Finnland nicht das einzigste Land, dass damit nicht nur klarkommen sondern auch erfolgreich sein könnte, wie Schweden, Norwegen, die Schweiz, Kanada, Neuseeland u.v.m. beweisen, die nicht nur alle keine Einheitswährung mit anderen Ländern brauchen sondern bei denen es sogar oft besser läuft als in den €-Ländern ;)

Zusammengefasst gibts für mich keine wirklichen Gründe gegen den Euro, aber am Ende des Tages auch nicht allzuviele dafür.

Zumindest rein betriebswirtschaftlich/rational betrachtet, leider interpretieren Menschen in die Währung auch Symbolik rein. Das heizt die politische Diskussion ja erst richtig auf...
silversurfer

Re: Austritt Finnlands aus dem EURO?

Beitrag von silversurfer »

Grundgedanke des EURO war und ist, einen gemeinsamen währungspolitischen Stabilitätspakt zu bilden und einen Gegenpol zu Dollar und Yen als Leitwährungen zu schaffen.
Aus diesem Grunde exisieren ja wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die Voraussetzungen für einen Beitritt sind (und die eben nicht alle EU-Länder erfüllen).

Als Problem ist nun entstanden, dass Finnland aufgrund der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung diese Rahmenbedingungen nicht mehr erfüllen kann und eigentlich aus diesem Stabilitätspakt ausscheiden müsste, um seine eigenen Probleme selbst lösen zu können.
Kurzfristig sicher die beste Lösung. Finnland hätte damit die eigene Finanzpolitik wieder in eigenen Händen.
Das Kernproblem mit Russland wäre aber immer noch vorhanden, da es sich hier ja um eine EU-Massnahme handelt. Da müsste Finnland schon auch noch aus der EU ausscheiden

Und wie so alles im Leben hätte das Vor- und Nachteile.

Finnland hätte wieder die volle Einflussmöglichkeit auf eine eigene Währung, aber bekäme auch wieder einen wirtschaftlichen Status wie vor dem EURO-Beitritt.
Die Unterstützung durch die Ziele und Vorgaben einer gemeinsamen EURO-Finanzpolitik (geringe Inflation, niedrige Zinssätze, solide öffentliche Finanzen) fiele weg und Finnland müsste auf Dauer selber klarkommen.
Das würde sicher gehen, denn bereits vor einem EU- und EURO-Beitritt hat Finnland exisitiert und es ging auch.
Nur darf niemand erwarten, dass dann das jetzige wirtschaftliche Umfeld unverändert bleibt und es keine Auswirkungen (welcher Art auch immer) auf die persönlichen Lebensbedingungen hätte.
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