‚Geschichte schreiben die Gewinner’: In den letzten Jahren ist man von diesem Dogma etwas abgekommen. Herausstechendes Beispiel: die sehr kritische Hinterfragung der Zerstörung Dresdens durch britische Bomber. Auch in anderen Ländern hat man sich mit einem aus der zeitlichen Distanz gewonnenen neuen Blickwinkel mit dem 2. WK neu auseinandergesetzt, u.a., weil man erkannte, dass die Pariser Friedenskonferenz von 1947 in mancher Hinsicht zu rasch auf die Geschehnisse folgend durchgeführt worden war.Tomppa hat geschrieben:Das Kriegsziel der Finnen ist ein müßiges Thema. Geschichte schreiben die Gewinner - und Finnland war weder Gewinner noch Verlierer...
Nicht so in Finnland. Was ist in den besetzten Gebieten Ost-Kareliens geschehen? Es gab 14 Konzentrationslager, 25000 Internierte, darunter viele Frauen und Kinder. Es erübrigt sich nach den Zuständen in diesen Lagern zu fragen wenn schätzungsweise 4500 Gefangene an Hunger gestorben sind (rund 4000 allein 1942). Dies alles ist bekannt und die Medien haben sich dem Thema nicht etwa verweigert. Allein, die Gesellschaft übt sich leider in kollektiver Selbstverweigerung. So blieb in der Öffentlichkeit beispielsweise ein dokumentierter Artikel in HS v. 23.1.2005 ohne nennenswerte Reaktionen. Man will die einseitige Opferrolle bis heute einfach nicht preisgeben.
Grund für die erwähnte Aufarbeitung in HS war, dass karelische Überlebende (in 2005 waren es ca. 8000) mit der Bitte an Finnland gelangt waren, an die unschuldig inhaftiert gewesenen Personen Gutmachungszahlungen zu leisten (u.a. auch deshalb, weil 250'000 Russen von der deutschen Stiftung 'Erinnerung, Verantwortung und Zukunft' für ihre persönlichen Leiden entschädigt worden waren). Diese Bittstellung aus Russland wurde von der obersten Staatsführung Finnlands Ende 2004 abgewiesen, und zwar unter Hinweis auf den Pariser Friedensvertrag von 1947 mit seinem formaljuristischen endgültigen Charakter.
Zum Vergleich: Auch die Schweiz berief sich anfänglich auf den Pariser Friedensvertrag 1947 und dessen Endgültigkeit als sie in den 90er Jahren aus den USA wegen sog. nachrichtenlosen Vermögen auf CH-Banken unter Druck geraten war. Schließlich zahlte die Schweiz an die jüdische Klägerseite 1,25 Mrd USD und setzte einen international zusammengesetzten Ausschuss (Bergier-Kommission) ein, um die Zeit zwischen 1933 – 1945 und im Besonderen das Verhalten der Banken neu zu beurteilen.
Ich hoffe, man versteht mich richtig. Bewundernswert ist es allemal wie sich das kleine Finnland gegen einen übermächtigen Feind aufgebäumt hat. Das steht nicht zur Diskussion. Für eine objektive und ausgewogene Beurteilung dieser schwierigen Zeit wäre die Zeit nun jedoch wirklich reif genug.