Verkehrskultur

Ideenaustausch zum Thema Leben in Finnland.
Katja
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Beitrag von Katja »

(So, noch ein Versuch- ich kämpfe gerade mit der Technik...)

Das ruhigere Fahren liegt vermutlich etwas in der Natur der Finnen begruendet. Aber die Verkehrs'kultur' zeigt schon, dass es noch nicht lange eine hohe Fahrzeugdichte hier oben gibt. Und dass die Leute, die Strassen planen, nicht immer wirklich logisch, oder zumindest nicht fuer die Zukunft gedacht haben.

Meine tägliche Herausforderung liegt darin, in Malmi/Viikki auf den Ring 1 und von da dann gleich weiter auf die Lahti-Autobahn zu fahren.

Ich kriege da jeden Tag meinen kleinen Adrenalin-Kick, denn:

1. :roll: Es lässt einen keiner auf den Ring- meist deshalb, weil der 'Reinlassende'-vorrausgesetzt er wuerde es wirklich wollen- die Spur nicht wechseln kann, weil -wie immer- links jemand gleichauf fährt.

2. :roll: Das vor einem fahrende Fahrzeug bremst plötzlich ab- meist aus oben genanntem Grund.

3. :roll: Der 'Beschleunigungsstreifen'- ziemlich kurz uebrigens- geht direkt in eine Bushaltestelle ueber. Das bedeutet, dass man, falls man beschleunigt und es bis auf die Strasse geschafft hat, oft gleich wieder von einem aufbiegendem Bus ausgebremst wird.

4. :roll: Man sollte schleunigst versuchen, auf die linke Spur zu kommen- aus Grund 1 und 3 sehr schwierig-, weil man eigentlich nur irgendwie gleich wieder auf die Autobahn biegen möchte, was nur von der linken(!) Spur aus möglich ist. Seltsam.

Und das alles nur, weil es in Viikki keine Auffahrt in Richtung stadtauswärts gibt. Und es arbeiten wirklich viele Leute da und ausserdem werden immer mehr Häuser gebaut. Es schieben sich echt viele Autos aus Campus-Richtung zum Ring...


Ich habe uebrigens bisher zweimal in einem echten Stau gestanden.
Beim ersten mal gab es einen Unfall mit Sperrung zweier Fahrbahnen.

Die Ursache des zweiten Staus allerdings war, dass an oben genannter Auffahrt auf die Autobahn ein Tramper stand, der Anzeichen geistiger Verwirrung zeigte und auf und ab sprang. Und jedes(!) Auto musste anhalten, damit sich der Fahrer den Herren aus der Nähe ansehen konnte. :eusa_wall

Da gab es mal wieder Bissspuren in meinem Lenkrad...
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Martin
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Beitrag von Martin »

Katja hat geschrieben:Die Ursache des zweiten Staus allerdings war, dass an oben genannter Auffahrt auf die Autobahn ein Tramper stand, der Anzeichen geistiger Verwirrung zeigte und auf und ab sprang. Und jedes(!) Auto musste anhalten, damit sich der Fahrer den Herren aus der Nähe ansehen konnte. :eusa_wall

Da gab es mal wieder Bissspuren in meinem Lenkrad...
Oh ja! Gaffen ist auch hier Volkssport...
Ein stehendes Polizeiauto mit Blaulicht auf der anderen Seite der Autobahn reicht schon für einen schönen Stau :arrow: letzte Woche auf'm Tuusulanväylä.. ggrrrrnnn :evil:
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Rosi
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Beitrag von Rosi »

Zum Thema Strassen- und Verkehrsplanung: der Verantwortliche für diese Angelegenheiten der Stadt Lappeenranta scheint weder Auto noch Führerschein zu besitzen, ähnliche Gedanken ereilen mich manchmal in Helsinki.

Es wundert mich auch immer wieder, wie man beim Neubau von Autobahnen, Helsinki- Tampere zum Beispiel, die Auffahrts- oder Beschleunigungsspur vergessen kann und somit täglich Staus heraufbeschwört.
MfG
Georg

Beitrag von Georg »

Rosi hat geschrieben:Es wundert mich auch immer wieder, wie man beim Neubau von Autobahnen, Helsinki- Tampere zum Beispiel, die Auffahrts- oder Beschleunigungsspur vergessen kann und somit täglich Staus heraufbeschwört.

Bestimmt nur, damit die in Finnland wohnenden Deutschen einen Grund zum sich beschweren haben...
Aber im Ernst: es gibt sicherlich einiges, was für uns Deutsche seltsam wirkt, z.B. die Zebrastreifen 5m nach der Kreuzung, dass das Heck vom Auto in der Kreuzung steht, wenn man am Überweg anhält. Aber nur weil wir es nicht verstehen, kann es zwar, muss es jedoch nicht blöd sein. Und es gibt hier wie dort sicherlich genug Sachen, die wirklich wenig intelligent gelöst sind.
Ich persönlich fahr jedenfalls zehnmal lieber in der Innenstadt von Helsinki Auto als in Stuttgart o.ä. Viel weniger agressiv hier, nach meiner Erfahrung.
Und in punkto Gaffer sind die Deutschen meiner Erfahrung nach noch schlimmer, auch wenn die finnischen Gaffer natürlich genau so ärgerlich für die anderen Verkehrsteilnehmer sind. In D ist mir mehr als einmal auf einer Einsatzstelle aufgefallen, dass es knallte, weil ein Gaffer übersehen hatte, dass vor ihm ein anderer Gaffer noch langsamer fuhr.
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Anita
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Beitrag von Anita »

Ich muss mich da ausnahmsweise Georgs Meinung anschliessen. Ich empfinde das Autofahren insgesamt (sowohl in den Städten als auch auf dem Land) in Finnland als fast stressfrei. In Deutschland bekomme ich stets eine Krise beim Autofahren, speziell auf den Autobahnen. In Tampere-West haben wir in letzter Zeit sehr viele neue Kreisverkehre bekommen und am Anfang habe ich dann auch geschaut, wohin muss ich denn jetzt eigentlich abbiegen. Setz den Deutschen etwas Neues vor die Nase, da ist die Verwirrung noch grösser. Es braucht halt seine Zeit bis man sich an etwas Neues gewöhnt.
Idioten gibt es in jedem Land im Strassenverkehr und Gaffen ist sicherlich weltweit Volkssport Nummer 1!
Sid
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Beitrag von Sid »

Die nächsten Tage werden lebensgefährlich um mich umzustellen: in Madeira hat jedes Auto, jeder... hört hört Bus, jedes... oh weia Taxi vor dem Zebrastreifen angehalten. Sogar weit weg und wenn man nur gezuckt hat (aber man konnte sich nie 100% drauf verlassen, schliesslich sind auch Finnen mit Mietautos unterwegs :twisted: ). Wirklich! Ein Riesenunterschied!!!
Sid
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Beitrag von Sid »

Georg hat geschrieben:die Zebrastreifen 5m nach der Kreuzung, dass das Heck vom Auto in der Kreuzung steht, wenn man am Überweg anhält. Aber nur weil wir es nicht verstehen, kann es zwar, muss es jedoch nicht blöd sein.
Bingo. Eine Entdeckung. Ich konnte mir nie erklären, was da nicht stimmt. Mit Licht ist ja noch ok, aber z.B. in Porvoo ist ja meine Lieblingskreuzung kurz vorm Lidl, ziemlich belebt duch die neue Siedlung. 5 m nach der Kreuzung ist noch übertrieben. Es ist ja max. 2 m :lol: Der Sinn wird wohl sein: "Halt doch nicht für die Fussgänger an, dude". Hab heut wieder dagegen verstossen und böse Blicke im Rückspiegel geerntet ;)

Noch ein unsinnige Beschleunigungsspur, die mir sehr gefährlich erscheint (und Deutsche und noch schlimmer... Frauenautofahrer ärgert) ist die Auffahrt Leppävaara Richtung Ost. Erste rechte Spur endet, paar Meter später endet die zweite, nur noch kurze Beschleuningung, seitlich eine Wand, die die Sicht verstellt, Spur zu Ende und paff - ein Bürgersteig mitten auf der Beschleuningungsspur und der Kehä! :shock: Wenn man den Schulterblick in diesem Moment riskiert, hat der Fussgänger oder Fahrradfahrer verdammt schlechte Karten. :?
Sid
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Beitrag von Sid »

Gerade wird die Oberfläche auf der Autobahn vor Porvoo erneuert :thum
eine Spur, Berufsverkehr, es geht langsam, aber es geht :thum
Reissverschlussverfahren sollten sie noch einüben, aber ansonsten topp und dauert nur ein paar Tage :thum

Also wieso wird auf der A1 (für nicht-ortskundige: Lieblingsstrecke Dortmund - Köln) sowas 7 Jahre lang gemacht, verstehe ich nicht so ganz :shock:
Sid
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Beitrag von Sid »

Wichtige Durchsage: nächste Woche ist mit verstärkten Kontrollen zu rechnen. Im Rahmen einer Untersuchung wird besonders an den Stellen mit erhöhten Unfallzahlen auf Geschwindigkeitsüberschreitungen (und Alkohol?) kontrolliert.

Also, Blei vom Gas :twisted:
Sid
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Re: Verkehrskultur

Beitrag von Sid »

Au backe, es steht 'ne alte Karre wieder genau auf der Verzweigung Helsinki/Lahti Autobahn - Kehä I. Heute hat der erster in der Reihe, die abfahren wollten, dies nicht bemerkt und dann gab's natürlich Chaos pur und beinahe wären alle darein gerasselt. Paradox dazu kam im Radioeine Ansage, dass das Auto schon länger dort steht. Der Frühling kommt und das Umweltsauverhalten nimmt wieder zu :evil: Von der Sicherheit ganz mal abgesehen. Der Steuerzahler wird schon richten.
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fax
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Re: Verkehrskultur

Beitrag von fax »

Irgendwann habe ich mal in HS gelesen, dass es irgendwelche merkwürdige Regeln gibt, die das abschleppen illegal abgestellter Autos erschweren.

Es wird ja auch schon seit Jahren rumdiskutiert, ob es den Kommunen ermöglicht werden soll, selbst gegen Rotfahrer und Übergeschwindigkeit vorzugehen. Bis jetzt ist das ausschließlich Sache der Polizei.
Katja
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Re: Verkehrskultur

Beitrag von Katja »

Sid hat geschrieben:Au backe, es steht 'ne alte Karre wieder genau auf der Verzweigung Helsinki/Lahti Autobahn - Kehä I. Heute hat der erster in der Reihe, die abfahren wollten, dies nicht bemerkt und dann gab's natürlich Chaos pur und beinahe wären alle darein gerasselt.
Das ist doch ein Fortschritt! Gestern standen da noch zwei! Natuerlich ungesichert. :evil:
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Hans
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Re: Verkehrskultur

Beitrag von Hans »

Ich persönlich finde den Verkehr in Finnland sehr entspannt. Fast alle fahren 90, wo 80 erlaubt ist und mein Auto, Opel Vectra Caravan, 100 PS, schluckt unter 7 Liter Benzin. In Hamburg waren das 10 Liter. Dafür wurde am Zebrastreifen gehalten. Ich mache das auch hier! Es ist eine Unsitte, dass die Finnen keinen Respekt vor Fussgängern haben!!!!

Noch ein Nachsatz:
Meine finnische Frau findet die finnischen Autofahrer unhöflicher, sie wird oft nicht rübergelassen beim Spurwechsel. Sie hat 2 Jahre ihren Führerschein , ich fahre schon Jahrzehnte und ich komme überall rein
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Neumi
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Re: Verkehrskultur

Beitrag von Neumi »

Hans hat geschrieben:INoch ein Nachsatz:
Meine finnische Frau findet die finnischen Autofahrer unhöflicher, sie wird oft nicht rübergelassen beim Spurwechsel. Sie hat 2 Jahre ihren Führerschein , ich fahre schon Jahrzehnte und ich komme überall rein
... und somit hast Du dieses Argument schon selbst "beantwortet". Denn ich komm auch überall rein, egal ob D,CH,NL oder FIN, ich habe da kaum unterschiede beobachtet.

Ist ja klar das Dein Auto bei 80-90km/h weniger schluckt als im Grossstadtverkehr, dass hat wohl wenig mit der Verkehrskultur zu tun.
Sid
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Re: Verkehrskultur

Beitrag von Sid »

Neumi hat geschrieben:
Hans hat geschrieben:INoch ein Nachsatz:
Meine finnische Frau findet die finnischen Autofahrer unhöflicher, sie wird oft nicht rübergelassen beim Spurwechsel. Sie hat 2 Jahre ihren Führerschein , ich fahre schon Jahrzehnte und ich komme überall rein
... und somit hast Du dieses Argument schon selbst "beantwortet". Denn ich komm auch überall rein, egal ob D,CH,NL oder FIN, ich habe da kaum unterschiede beobachtet.
Hm, es ist vielleicht die Art der Einstellung, wie "pushy" und entschieden man(n) handelt beim Wechsel. Ich finde z.B. in D die Kommunikation zwischen Fahrern und Augenkontakt, vor allem wenn nix mehr geht, deutlich besser, denn mit 7 Jahre Kehä I Erfahrung kann ich nur sagen, je länger die Schlange, desto verbohrter und augenklappriger der Blick hang . Angenehm ist jedoch, wenn ich selbst jemand reinlasse (ja das tue ich und mein Beifahrerkollege sagt dazu immer "Ulkomaalainen"), dass sie sich dann auch mit Blink oder Handzeichen bedanken (ausser Nissanfahrer :twisted: ). Ich werd doch eh nicht schneller am Ziel, wenn ich im Berufsverkehr dem Vordermann im Auspuff parke :kidra .

Was mir letztens noch aufgefallen ist: vielleicht bei der Schmuddeljahreszeit ist es so extrem, aber Finnen können nicht rückwärts fahren. Zweimal innerh. von 2 wochen wurde unser nagelneue 407 zertrümmert (Gott sei dank Firmenwagen, aber trotzdem...). Einmal war ich unterwegs und ein alter Merc hat ausgeparkt ohne rückwärts zu schauen. Zu reparieren war eingedrückte/verkratzte Tür, Reifenwechsel, da Kapsel gebrochen. Nur einige Tage später am Flughafenparkplatz stoppte ein Nissan :!: mitten auf dem Parkplatz, legte Rückwärts rein, mein Mann macht Lichthupe, da er unmittelbar dahinter wartete, bis sich die Dame entscheidet, wo sie nun parken möchte, aber sie reagierte gar nicht und hauruck, zermatschte die 407 Nase samt Kennzeichen :shock: Ich wiederrum zu Fuss in weisser Jacke und wie ein Christbaum mit Blinkies aufm Supermarktparkplatz: da fährt mir wieder ein Depp über die Zehen, rückwärts.

Sind Brillen denn so teuer? Oder gilt das Recht des stärkeren? :lol:

@Katja - in Porvoo war genau in der Kurve zu Kuninkaantie wochenlang vor Weihnachten ein verlassenes Auto, aber mit einem Dreieck kurz vor der Kreuzung. Es hilft dann auch nicht viel, wenn keiner was unternimmt.
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